Ausgabe August 2013

Schweizer Katerstimmung

Die goldenen Zeiten der Schweiz sind offensichtlich vorbei: Die Armee muss sparen, das föderale System wie auch die direkte Demokratie werden unterhöhlt, und zu allem Überfluss verlangen die Vereinigten Staaten auch noch die bedingungslose Preisgabe des Bankgeheimnisses.

Der helvetische Niedergang schlägt insbesondere den Berufspatrioten – also etwa der Hälfte der Schweizer – schwer aufs Gemüt. Was bleibt, so fragen sie sich, am Ende noch von der guten, alten Schweiz? Ihre Selbstzweifel betäuben sie zwar hin und wieder mit einem Schluck aus der Alpenkräuterschnapspulle „Nation“. Aber der einstige Zaubertrank verhilft nur noch zu einem kurzzeitigen Rausch.

Die Unterhöhlung des Schweizer Föderalismus

Schon vor Jahren titelte eine Westschweizer Boulevardzeitung besorgt: „Qui aime encore l’armée suisse?“ – Wer mag die Schweizer Armee noch? Bis in die 1980er Jahre waren die ebenso selbstbewussten wie selbstgerechten Eidgenossen stolz auf die Stärke ihrer Milizarmee von rund 650 000 Mann (ohne Reserven); über mehr Soldaten verfügte damals in Europa nur die Sowjetunion. Tempi passati, denn auch die Armee spart an allen Ecken und Enden.

Doch damit nicht genug. Auch die Volksabstimmung über eine rigide Verschärfung des Asylrechts vom 10. Juni steht exemplarisch für die derzeitigen Schweizer Verhältnisse.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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