Bei den jüngsten britischen Unterhauswahlen wurden sämtliche Auguren Lügen gestraft. Entgegen ihrer Vorhersagen gab es kein Patt, keine mühsame Koalitionsbildung, sondern eine klare, absolute Regierungsmehrheit für die Tories. Während der alte und neue Premier David Cameron im Glück schwelgt, steht das Vereinte Königreich vor der Zerreißprobe. Heute ist das Land tiefer gespalten als im September 2014 nach dem schottischen Unabhängigkeitsreferendum.
Aus konservativer Sicht scheint die Welt in Ordnung. Die Opposition wurde geschlagen, der bisherige Koalitionspartner vernichtet, die lästige Konkurrenz am rechten Rand auf Abstand gehalten. Was seit langem keiner britischen Regierungspartei mehr gelang, ist den Tories geglückt: Sie haben tatsächlich Stimmen gewonnen, und das als führende Partei der Koalition, nach fünf Jahren voller Grausamkeiten und anhaltend heftigem Streit um die den Bürgern verordnete Bittermedizin der Sparzwänge. Eine Tory-Mehrheitsregierung kam in Umfragen und Wahlprognosen daher schlicht nicht vor.
Auf das Debakel der öffentlichen Meinungsmacher und Umfrageritter folgte das Drama der Wahlverlierer.