Die Idee des Sozialismus ist ein geistiges Kind der kapitalistischen Industrialisierung, doch schon seit langem ist es irreführend, im Sozialismus nur den intellektuellen Ausdruck der Belange der industriellen Arbeiterschaft oder gar das Sprachrohr eines immer schon revolutionären Proletariats zu erblicken. Diese Idee einer fixen Bindung der Theorie an eine einzige Gruppe war zu Beginn der Bewegung das Ergebnis einer fadenscheinigen Zurechnung von objektiven Interessen und ist seither sowohl durch den Strukturwandel der Beschäftigungsverhältnisse als auch durch die Auflösung der Arbeiterbewegung erkennbar widerlegt worden. Ihr nostalgisch hinterherzutrauern und sich verzweifelt um ihre künstliche Wiederbelebung zu bemühen, wäre schon deswegen falsch, weil auch die unausweichliche Frage der sozialen Trägerschaft von einem revidierten Sozialismus grundsätzlich anders, nämlich auf einer höheren Ebene der Abstraktion, beantwortet werden muss.
Heute kommt es darauf an, den Sozialismus von den Schlacken seines im 19. Jahrhundert wurzelnden Denkgehäuses zu befreien, um ihm eine unserer Gegenwart gemäße Gestalt zu verleihen.