1.5. – Afghanistan-Konflikt. Die USA und ihre Verbündeten beginnen mit dem angekündigten Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan. Bundesverteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hatte die entsprechenden Abzugspläne auch für das deutsche Kontingent am Hindukusch bestätigt (vgl. „Blätter“, 6/2021, S. 126).
4.5. – G7. Auf einem Treffen der Außenminister der Gruppe der sieben wichtigen Industriestaaten setzt sich Bundesaußenminister Maas für eine gemeinsame China-Strategie mit einem stärkeren Fokus auf Menschenrechtsfragen ein. Wirtschaftsinteressen gebe es überall, aber Fragen der Menschen- und Freiheitsrechte müssten, „wenn es um China geht“, größeren Raum bekommen.
– Verfassungsschutz. Das Landesamt für Verfassungsschutz führt nach übereinstimmenden Medienberichten die Alternative für Deutschland in Berlin als „Verdachtsfall“. Der zuständige Innensenator Geisel lehnt eine Stellungnahme zu den Berichten ab. – Am 6.5. bestätigt der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen, er werde ab sofort Teile der „Querdenker“-Szene beobachten.
– Bundesregierung. Das Bundesinnenministerium verzeichnet in einer Statistik eine starke Zunahme politisch motivierter Straftaten. Bundesinnenminister Seehofer (CSU) spricht von einem Frühwarnsystem. Die Bedrohungen des öffentlichen Friedens und der Demokratie seien ein Gradmesser für die Stimmung in der Gesellschaft.
5.5. – Corona-Pandemie. Die amerikanische Regierung teilt in Washington mit, sie werde die Forderung der Welthandelsorganisation (World Trade Organization/WTO) nach einer temporären Aufhebung des Patentschutzes für Covid-19-Impfstoffe unterstützen. Von Seiten der Pharmaindustrie kommt Ablehnung. Die gegenwärtige Impfstoffknappheit sei nicht auf Patentschutz, sondern auf die beschränkte Verfügbarkeit von Rohstoffen bei der Vakzinproduktion zurückzuführen. Auch Bundeskanzlerin Merkel äußert sich kritisch. – Am 26.5. beauftragt US-Präsident Biden den Geheimdienst mit einer neuen Untersuchung über den Ursprung des Coronavirus. Innerhalb von drei Monaten soll ein Bericht vorgelegt werden. Die chinesische Regierung übt heftige Kritik, eine neue Untersuchung sei nicht notwendig.
– Israel. Nach dem Scheitern von Premierminister Netanjahu, innerhalb der vorgeschriebenen Frist eine neue Regierung zu bilden, nimmt Staatspräsident Rivlin Konsultationen mit allen in der Knesset vertretenen Parteien auf. Die Parlamentswahlen hatten am 28. März d.J. stattgefunden.
– Klimawandel. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (vgl. „Blätter“, 6/2021, S. 127) legen Vizekanzler Scholz und Umweltministerin Schulze (beide SPD) Eckpunkte für eine Gesetzesnovelle vor. Danach soll sich Deutschland dazu verpflichten, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu werden, fünf Jahre früher als bisher geplant. Die Treibhausemissionen sollen bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden. Ministerin Schulze erklärt, die Regierung sei in diesen Fragen einig. – Am 18.5. fordert die Internationale Energie-Agentur in einem Bericht den sofortigen Stopp von Investitionen in neue Projekte zur Versorgung mit fossilen Brennstoffen.
6.5. – Großbritannien. Bei den Regionalwahlen in Schottland kann die Scottish National Party (SNP) ihre Position ausbauen, verfehlt aber die Mehrheit um einen Sitz. Die Erste Ministerin Nicola Sturgeon erklärt nach der Wahl, sie sehe in der gemeinsamen Parlamentsmehrheit mit den Grünen ein „klares demokratisches Mandat“ für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum im Verlauf der neuen Legislaturperiode. Von Premierminister Johnson heißt es am 8.5., er werde einen Urnengang nicht erlauben: „Ein Referendum im derzeitigen Kontext wäre unverantwortlich und verwegen.“
9.5. – Naher Osten. Am Vorabend des „Jerusalem-Tag“ (10.5.), eine Erinnerung an die israelische Eroberung des von Jordanien besetzten Ostteils der Stadt im Sechstagekrieg von 1967, eskaliert die Gewalt zwischen Israeli und Palästinensern. Raketen aus dem Gazastreifen sind auf Ziele in Israel gerichtet, die israelische Armee antwortet mit der Bombardierung von Kommandozentralen der Hamas. Der militärische Schlagabtausch von Hamas und Islamischem Dschihad im Gazastreifen mit der israelischen Armee zieht sich über Tage hin und fordert auch zahlreiche zivile Opfer. Israelische Bodentruppen nehmen an der Grenze zu Gaza Aufstellung, marschieren aber nicht ein. Hadi Amr, ein für den israelisch-palästinensischen Konflikt zuständiger hochrangiger amerikanischer Diplomat, trifft mit Palästinenserpräsident Abbas zusammen. Es heißt, Präsident Biden habe sich in die Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts eingeschaltet. – Am 21.5. tritt eine Waffenruhe in Kraft. Der UN-Sonderkoordinator für den Nahen Osten, Tor Wennesland, hatte sich zuvor in Katar aufgehalten, Bundesaußenminister Maas hatte Gespräche in Israel und in den palästinensischen Autonomiegebieten geführt, US-Präsident Biden hatte mehrfach mit dem israelischen Regierungschef Netanjahu und mit Palästinenserpräsident Abbas telefoniert. – Am 30.5. besucht erstmals seit 13 Jahren ein israelischer Außenminister Ägypten, Minister Ashkenazi trifft seinen Amtskollegen Shukri. Bei dem Gespräch in Kairo geht es vor allem um eine dauerhafte Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas, aber auch um den Wiederaufbau im Gazastreifen und humanitäre Hilfe.
– EU. Am Europatag wird in Brüssel die Kampagne für eine „Konferenz zur Zukunft Europas“ eröffnet, in Straßburg findet die Auftaktveranstaltung für einen neuen zehnjährigen Reformprozess der Europäischen Union statt. Der Europatag erinnert an den Plan des französischen Außenministers Robert Schuman vom 9. Mai 1950, der als Geburtsstunde der Europäischen Einigung gilt. – Am 24.5. heißt es in einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung: „Der Europäische Rat verurteilt nachdrücklich die erzwungene Landung eines Ryanair-Fluges am 23. Mai in Minsk und die Inhaftierung des Journalisten Roman Protasewitsch und von Sofia Sapega durch die weißrussischen Behörden.“ Beide müssten umgehend freigelassen werden. Kommissionspräsidentin von der Leyen spricht von einem „ungeheuerlichen und illegalen Verhalten des Regimes in Weißrussland“, Ratspräsident Michel von einem „internationalen Skandal“ und der polnische Regierungschef Morawiecki von einem „Akt von Staatsterrorismus“. Michel teilt mit, weißrussische Fluggesellschaften dürften künftig den Luftraum der Staatengemeinschaft nicht mehr nutzen und auch nicht mehr auf Flughäfen der Europäischen Union starten und landen.
– SPD. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands verabschiedet auf einem digitalen Parteitag das Programm für die im Herbst d.J. stattfindende Bundestagswahl und nominiert Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz als Kanzlerkandidat. Scholz erhält 513 von 545 Delegiertenstimmen und erklärt, er wolle „eine Regierung anführen, die unser Land nach vorne bringt“. Die Union sei ein „Standortrisiko für unser Land“.
12.5. – Baden-Württemberg. Der Landtag in Stuttgart bestätigt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Die Grünen) für eine weitere Legislaturperiode. Kretschmann erhält 95 Stimmen, die Koalition von Grünen und Christdemokraten verfügt über 100 Mandate (zum Ergebnis der Wahl zum Landtag von Baden-Württemberg vom 14. März 2021 vgl. „Blätter“, 5/2021, S. 126 f.).
14.5. – Russland. Die Regierung veröffentlicht eine schon angekündigte neue Liste „unfreundlicher ausländischer Staaten“. Aufgeführt sind die USA und Tschechien. Mit der Einstufung sind Einschränkungen für die diplomatischen Vertretungen beider Staaten verbunden, so z.B. bei der Beschäftigung von Mitarbeitern mit russischem Pass. Die Liste, so heißt es in Moskau, werde bei Bedarf an die politische Lage angepasst. Das Außenministerium in Prag kritisiert die russischen Maßnahmen als einen „weiteren Schritt zur Eskalation der Beziehungen [...] mit der gesamten Europäischen Union“.
18.5. – Rheinland-Pfalz. Im Landtag in Mainz erhält Malu Dreyer (SPD) bei der Wiederwahl zur Ministerpräsidentin alle 55 Stimmen der Koalition von Sozialdemokraten, Freien Demokraten und Grünen (zum Ergebnis der Wahl zum Landtag von Rheinland-Pfalz vom 14. März 2021 vgl. „Blätter“, 5/2021, S. 127).
19./20.5. – USA/Russland. Der neue amerikanische Außenminister Blinken trifft am Rande einer Tagung des Arktischen Rates in Reykjavik (Island) erstmals mit seinem russischen Amtskollegen Lawrow zusammen. Das zweistündige Gespräch, so heißt es anschließend, habe in sachlicher und kooperativer Atmosphäre stattgefunden, es sei eine große Anzahl von Themen besprochen worden. Blinken erklärt, die USA wünschten sich eine „berechenbare Beziehung“ mit Russland. Dazu gehöre, dass Moskau auf „ungerechtfertigte Gebietsforderungen“ im Nordmeer verzichte. – Am 25.5. wird in Washington und Moskau ein Treffen der Präsidenten Biden und Putin für Mitte Juni d.J. in Genf angekündigt. Beide Präsidenten würden „die gesamte Palette“ dringender Fragen besprechen, heißt es in Washington. Als Themen des Treffens werden in Moskau der Kampf gegen die Corona-Pandemie und die Lösung regionaler Konflikte genannt.
21.5. – G20. Die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer einigen sich auf einem digitalen „Weltgesundheitsgipfel“ in Rom auf eine internationale Zusammenarbeit, um in Zukunft besser gegen Gesundheitskrisen gewappnet zu sein. Im Mittelpunkt steht die Zusammenarbeit bei der Produktion und Verteilung von Impfstoffen. Bundeskanzlerin Merkel ist per Video zugeschaltet und erklärt, man habe gelernt, dass die Pandemie erst vorbei sei, wenn alle Zugang zu Impfstoffen hätten.
23.5. – Belarus (Weißrussland). Eine Maschine der irischen Gesellschaft Ryanair, die sich auf dem Flug von Athen in die litauische Hauptstadt Vilnius befindet, wird von den weißrussischen Behörden zu einer Zwischenlandung auf dem Flughafen der Hauptstadt Minsk gezwungen. Der Journalist und Regierungskritiker Roman Protasewitsch, der sich unter den 170 Passagieren befindet und der seit 2019 in Polen im Exil lebt, wird zusammen mit seiner Freundin Sofia Sapega, einer russischen Staatsbürgerin, aus dem Flugzeug geholt und in Haft genommen. Protasewitsch wird von den weißrussischen Strafverfolgungsbehörden des Terrorismus beschuldigt und steht auf einer Liste gesuchter Terroristen. In Minsk heißt es, die spektakuläre Aktion, die mit einer angeblichen Bombendrohung begründet wird, sei auf ausdrücklichen Befehl von Präsident Lukaschenko erfolgt.
24.5. – WHO. In Genf wird die Jahrestagung der Weltgesundheitsorganisation eröffnet. Zum Auftakt äußert sich Generaldirektor Ghebreyesus vor den Vertretern der 194 Mitgliedstaaten zu den weltweiten Auswirkungen der Corona-Pandemie. Es gebe nur spärliche Berichte, „aber wir schätzen, dass mindestens 115 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheits- und Pflegedienste mit dem Leben für ihren Dienst an anderen bezahlt haben“.
26.5. – Schweiz/EU. Die Regierung (Bundesrat) erklärt die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen zu den künftigen Beziehungen mit der Europäischen Union offiziell für beendet. In Brüssel heißt es, man nehme die „einseitige Entscheidung“ zur Kenntnis und werde die Folgen „sorgfältig analysieren“.
– IAEO. Die Internationale Atomenergie-Organisation einigt sich mit dem Iran auf eine Verlängerung der Überwachung des iranischen Atomprogramms. Die Vereinbarung ist befristet.
27.5. – Frankreich. In einer Rede in der Genozid-Gedenkstätte in Kigali (Ruanda) erklärt Präsident Macron, sein Land habe die Pflicht, „der Geschichte ins Auge zu blicken und jenen Teil des Leides anzuerkennen, den es dem ruandischen Volk zugefügt hat“. Zu lange sei darüber geschwiegen worden.
28.5. – BRD/Namibia. Mehr als 100 Jahre nach den Verbrechen der deutschen Kolonialmacht im heutigen Namibia erkennt die Bundesregierung die Gräueltaten an den Volksgruppen der Herero und Nama als Völkermord an. Die brutale Niederschlagung von Aufständen der beiden Volksgruppen zwischen 1904 und 1908 gilt als erster Genozid des 20. Jahrhunderts. Als Geste der Anerkennung des unermesslichen Leids, das den Opfern zugefügt wurde, so Bundesaußenminister Maas, wolle die Bundesrepublik Namibia und die Nachkommen der Opfer über einen Zeitraum von 30 Jahren mit einem substanziellen Programm in Höhe von 1,1 Mrd. Euro zum Wiederaufbau und zur Entwicklung unterstützen. Er sei froh und dankbar, so der Bundesaußenminister, dass es gelungen sei, mit Namibia eine Einigung über einen gemeinsamen Umgang mit dem dunkelsten Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte zu erzielen. Bundespräsident Steinmeier werde bei einem Festakt im namibischen Parlament offiziell um Vergebung bitten.
29.-30.5. – Russland/Belarus. Präsident Putin empfängt auf der Krim den weißrussischen Präsidenten Lukaschenko. Putin sagt dem Nachbarland einen umfangreichen Kredit zu.