Ausgabe Juli 2021

Kurzgefasst

Gerd Koenen: Die Partei als unsichtbarer Gott. Überlegungen zu hundert Jahren Kommunistischer Partei Chinas, S. 51-60

Am 23. Juli begeht die Kommunistische Partei Chinas ihren hundertsten Gründungstag. In ihrer überaus wechselvollen Geschichte hat sie das Land ins Stadium eines „bescheidenen Wohlstands“ überführt, so der Historiker Gerd Koenen. Bis 2049 will sie nun eine „Große Gemeinschaft“ formen – das „höchste Ideal und endgültige Ziel der Partei“. In diesem ungeheuren Sozialexperiment kommen sowohl alte kaiserliche als auch aus neueren kommunistischen Traditionen geschöpfte Techniken zum Einsatz.

Mathias Greffrath: Follow the Science, Follow the Law! Die Klimakrise und die Zukunft des Staates, S. 61-68

Zu Beginn der Coronakrise bestand die Hoffnung, der Kampf gegen die Pandemie könnte zum Vorbild für die Bewältigung der Klimakrise werden. Doch große Vorstöße in diese Richtung blieben aus, analysiert der Soziologe Mathias Greffrath. Dennoch gebe es Hoffnung: Mit dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts beginnt die Rechtswissenschaft, die Umrisse eines Zukunftsstaates zu skizzieren, der gerecht, nachhaltig und sicher ist.

Nick Reimer und Toralf Staud: Abgesoffen und ausgedörrt. Wie Wasser in Deutschland zum umkämpften Gut wird, S. 69-76

Nach den Hitzesommern der vergangenen Jahre erschien vielen dieses Frühjahr als zu kühl und zu nass. Doch der Eindruck täuscht, und die Trockenheit der letzten Jahre ist längst nicht ausgeglichen, mahnen die Journalisten Nick Reimer und Toralf Staud. Vor allem aber dürften die Ausnahmen zunehmend zur Regel werden: Denn mit dem Klimawandel drohen vermehrt sowohl „Jahrhundertdürren“ als auch „Jahrhundertfluten“.

Ronny Blaschke: Umkämpfte Ringe. Die Olympischen Spiele als Bühne der Emanzipation, S. 77-87

Trotz Pandemie hält die japanische Regierung an ihrem Plan fest, die Olympischen Spiele in Tokio auszurichten. Dafür verantwortlich ist auch ein enges Geflecht aus Sport, Wirtschaft und Politik, dass die Wettkämpfe seit ihrem Beginn im Jahr 1896 umgibt. Der Journalist Ronny Blaschke untersucht die Olympia-Geschichte und stellt fest: Obwohl deren Charta politische Botschaften untersagt, wurden die Spiele auch zum Schauplatz für das Ringen um Emanzipation und Teilhabe – und sind es bis heute geblieben.

Annette Dittert: Die Politik der Lüge. Boris Johnson und die Aushöhlung des Rechtsstaats, S. 89-98

Boris Johnson bezeichnet das britische Impfprogramm gern als ersten Erfolg des Brexits. Dass die Infektionszahlen wieder steigen und es zu Warenengpässen in Nordirland kommt, verschweigt er geflissentlich. Diese Verzerrung der Fakten ist nur ein Beispiel dafür, wie wenig Wert der britische Premier der Wahrheit beimisst, so die Journalistin Annette Dittert. Damit untergrabe Johnson nicht nur die Basis der demokratischen Kultur. Sein Vorgehen sei auch Teil eines umfassenden Angriffs auf den Rechtsstaat, der an die autoritären Wenden in Ungarn und Polen erinnert.

Felix Heidenreich: Frankreich und die große Verwirrung. Macrons Kampf um den inneren Frieden, S. 99-106

Knapp ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl herrscht in Frankreich Verunsicherung – ausgelöst auch durch nicht abreißende Nachrichten über Gewalt in den Vorstädten. Die Grenze zwischen hysterischer Übertreibung und nüchterner Krisendiagnose ist dabei nicht leicht zu ziehen, so der Politikwissenschaftler Felix Heidenreich. Die Gründe für den diffusen Pessimismus sieht er vor allem in einem wahrgenommenen Ordnungsschwund und einem gestörten Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Staat.

Jonas Gerding: Der digitale Euro: Ende des Bargelds?, S. 107-113

Das Bargeld, wie wir es kennen, könnte schon bald der Vergangenheit angehören: Ende Mai einigte sich die Europäische Zentralbank auf Eckpunkte für einen Digital Euro. Dabei steht weit mehr auf dem Spiel als „nur“ die Einführung eines „Bargeld 2.0“, analysiert der Journalist Jonas Gerding – und zwar die Hoheit der Zentralbank über die Geldpolitik, die Frage nach dem Stellenwert des Euros im globalen Währungsgefüge und nicht zuletzt der Datenschutz und die Verbraucherrechte.

Dirk Ehnts: Vorbild Biden: Mit der Modern Monetary Theory aus der Krise?, S. 114-120

In den Vereinigten Staaten vollzieht sich gegenwärtig eine geradezu kopernikanische Wende: Um die Wirtschaft anzukurbeln, setzt US-Präsident Joe Biden auf die Modern Monetary Theory – und damit auf eine Abkehr von der Staatsschuldenphobie. Aus Sicht des Ökonomen Dirk Ehnts könnte diese Theorie auch Europa einen Ausweg aus der Krise weisen. Notwendig dafür seien neue Ankaufprogramme der EZB, das Ziel der Vollbeschäftigung sowie ein echter Green New Deal.

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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