Paul Schäfer: Ein Jahr russischer Angriffskrieg: Das Elend der linken Legenden, S. 55-62
Viele Linke hierzulande vertreten die These, man müsse den russischen Überfall auf die Ukraine als Reaktion auf westliche Aggressionen verstehen. Der langjährige Verteidigungspolitiker Paul Schäfer entlarvt diese und andere linke Erzählungen als Legenden. Die Linke müsse sich von überkommenen Gewissheiten über Freund-Feind-Beziehungen lösen.
Corinna Hauswedell: Ausgemustert, aber unverzichtbar: Pazifismus in Zeiten des Krieges, S. 63-68
Im Lichte des Ukrainekriegs wird der Pazifismus oft als naive Illusion diskreditiert. Die Friedens- und Konfliktforscherin Corinna Hauswedell erinnert angesichts dessen an die ihm zugrundeliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Eigendynamik militärischer Gewalt und zeigt, warum wir den Pazifismus trotz allem brauchen.
Klaus Naumann: Realitätsschock Ukrainekrieg. Wie die Neuaufstellung der Bundeswehr gelingen kann, S. 69-76
Mit einem Sondervermögen von 100 Mrd. Euro soll die Bundeswehr die Zeitenwende meistern. Doch Geld allein wird die Probleme nicht lösen, so „Blätter“-Mitherausgeber Klaus Naumann. Vielmehr gelte es, die Strukturen der Bundeswehr an die neue sicherheitspolitische Lage anzupassen.
Anna Jikhareva: Kindheit im Luftschutzbunker. Das Leiden der ukrainischen Familien, S. 77-82
Ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine fordert dieser weiterhin täglich Tote und Verletzte. Zu den größten Leidtragenden aber gehören die ukrainischen Kinder und Frauen, so die Journalistin Anna Jikhareva. Der Krieg raube nicht nur einer ganzen Generation die Zukunft, sondern verstärke auch patriarchale Strukturen.
Jens Siegert: Sieg der Apathie. Die russische Gesellschaft nach einem Jahr Krieg, S. 83-88
Während in der Ukraine Bomben fallen, ganze Städte dem Erdboden gleichgemacht werden und Zivilistinnen wie Soldaten sterben, leben die meisten Menschen in Russland ihr Leben so weiter wie zuvor. Der Politikwissenschaftler Jens Siegert beschreibt, wie große Teile der russischen Gesellschaft zunehmend der Apathie anheim fallen. Ein nennenswerter Beitrag zum Ende des Krieges sei von ihr jedenfalls nicht zu erwarten.
Ulrich Brand und Markus Wissen: Lützerath als Fanal. Warum wir transformative Strategien im Kampf gegen die Klimakrise brauchen, S. 89-93
Lützerath ist geräumt, und dennoch wird es bleiben – als Symbol für eine Politik, die die Zeichen der Zeit nicht erkennt, so die Politikwissenschaftler Ulrich Brand und Markus Wissen. Nur wenn die Grünen ihren Realitätssinn überwinden und wieder stärker auf die Klimabewegung zugehen, kann eine Transformation unserer zerstörerischen Lebensweise gelingen.
Dieter Rucht: Die Gratwanderung der Letzten Generation, S. 94-98
Mit Straßenblockaden und Attacken auf Kunstwerke sorgen Klimaaktivisten der Letzten Generation bundesweit für Aufmerksamkeit. Doch ohne gesellschaftlichen Resonanzboden für solche Aktionen können sie auch keine klimapolitischen Erfolge bewirken, argumentiert der Soziologe Dieter Rucht. Zudem bestehe die Gefahr der Radikalisierung.
Robin Celikates: Protest in der Klimakrise: Die Legitimität zivilen Ungehorsams, S. 99-106
Die Straßenblockaden der Letzen Generation werden oft als undemokratisch kritisiert. Doch Demokratien müssen diese aushalten, so der Philosoph Robin Celikates – schließlich wurden viele demokratische Errungenschaften überhaupt erst durch zivilen Ungehorsam erkämpft. Nur weil die gezielten Rechtsbrüche legitim sind, seien sie aber nicht zwingend politisch klug.
Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey: Libertär und autoritär. Wie das Ich auf Kosten der Gemeinschaft regiert, S. 107-118
Mit den Querdenkern hat der „libertäre Autoritäre“ Einzug in den politischen Diskurs gefunden. Die Literatursoziologin Carolin Amlinger und der Soziologe Oliver Nachtwey beschreiben einen Protesttypus, der mit seinem Kampf gegen Solidarität und Regeln letztlich unsere Gesellschaft der Freien und Gleichen bedroht.
Thomas Greven: Der Staat als Feind: Reichsbürger und Sovereign Citizens, S. 119-124
Nicht zuletzt der vereitelte Putschplan Ende vergangenen Jahres hat gezeigt, dass die „Reichsbürger“ bei aller Absurdität ernsthaft gefährlich sind. Der Politikwissenschaftler und „Blätter“-Redakteur Thomas Greven zeigt, dass die hiesige Bewegung über ideologische Verwandte im Ausland verfügt. Weltweit stellen sie die Legitimität staatlicher Institutionen in Frage, in dem sie Erzählungen alternativer Souveränität verbreiten.