
Bild: Menschen kommen zum trauern nach dem Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt zum Trauerort am Dom (IMAGO / Christian Schroedter)
Seit dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt, bei dem sechs Menschen getötet und über 300 zum Teil schwer verletzt wurden, ist inzwischen mehr als ein Monat vergangen. In der Stadt sind zwei Zeitrechnungen in Kraft. Die jener, deren Normalität zurückkehrt, deren Alltag weitergeht, weitergehen muss, weil immer alles weitergeht, weiter gehen muss, was gut ist und schlecht, beides.
Und dann ist da die Zeitrechnung jener, deren Zeit stecken geblieben ist in Fassungslosigkeit, Schock, Trauer, Trauma und Abgrund. Diese beiden Zeiten treffen in der Stadt aufeinander, bilden eine Ungleichzeitigkeit, die nicht aufhebbar ist durch irgendein Tun. Noch gibt es keine Form des kollektiven Trauerns über den Moment hinaus. Noch liegen viele Menschen in den Kliniken der Stadt und im Umland, einige ringen noch immer mit dem Tod. Noch Anfang Januar debattierten Stadträte um Formalia, wie die Modalitäten für die Vergabe von Spendengeldern an vom Anschlag Betroffene. Stadtrat, der Opferbeauftragte des Bundes und Landespolitiker weisen umgehend die Fake News zurück, die Opfer erhielten kaum Unterstützung, sollte die Justiz die Tat nicht als Terroranschlag ansehen.
An der Haltestelle „Alter Markt“ steht sie noch, die kleine Kerzeninsel, die passieren muss, wer zum Bäcker, zur Sparkasse, zum Teeladen will. Die Straßenbahn entlässt ihre Fahrgäste vor der Kerzeninsel. Einige Kerzen leuchten immer.