Wie der Opportunismus der Parteien Autokraten an die Macht bringt

Bild: Auf Initiative von Alfred Hugenberg traf sich am 11. Oktober 1931 in Bad Harzburg die »Nationale Opposition« zu einer Großveranstaltung. Hitler machte seinen Willen deutlich, sich in einer breiten Rechtsfront nicht unterzuordnen (IMAGO / TT)
Am 23. März 1933 versuchte Ludwig Kaas in einem schummrigen Raum, der nach abgestandenem Zigarrenrauch roch, sich selbst davon zu überzeugen, dass er die richtige Entscheidung traf. Als katholischer Priester und Vorsitzender der etablierten Deutschen Zentrumspartei stand er an einem Scheideweg. Mehrere Jahre lang hatte seine Partei versucht, den Aufstieg Adolf Hitlers zu verhindern. Doch 1932 stiegen die Nationalsozialisten zur stärksten Kraft im Parlament auf, und im Januar 1933 wurde Hitler Reichskanzler. Als er sich daran machte, seine Macht zu festigen, blieb schließlich die Zentrumspartei als letztes verbleibendes Hindernis für sein Streben nach der totalen Kontrolle über Deutschland übrig.
Hitler hatte das Ermächtigungsgesetz eingebracht, das ihm und seinem Kabinett weitreichende Befugnisse zur Herrschaft per Dekret einräumte und damit die Demokratie in ihrem Kern zerstörte. Das Gesetz benötigte eine Zweidrittelmehrheit, um verabschiedet zu werden. Die Sozialdemokraten – die einzige andere bedeutende Gruppe von Parlamentariern, die noch grundsätzlich die Demokratie unterstützte – waren zu wenige, um es allein zu verhindern. Wenn auch die Zentrumspartei Widerstand leisten würde, könnte sie die Verabschiedung des Gesetzes blockieren.
Aber Kaas zögerte. Er fürchtete sich davor, was passieren könnte, wenn seine Partei sich den Nazis widersetzte.