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»25 Milliarden Euro pro Jahr durch Menschenhandel in Europa«

Abschlussbericht des Sonderausschusses gegen organisiertes Verbrechen, Korruption und Geldwäsche des EU-Parlaments, 26.9.2013

Mit der Vorlage des Entwurfs eines Schlussberichts ist die bisher durchgeführte Arbeit des Sonderausschusses gegen organisiertes Verbrechen, Korruption und Geldwäsche, der per Beschluss des Europäischen Parlaments vom 14. März 2012 eingerichtet wurde, abgeschlossen.

Bis zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichtsentwurfs hatte unser Ausschuss 24 Sitzungen abgehalten, davon 15 Expertenanhörungen; befragt wurden insbesondere die Kommissare Malmström, Šemeta, Reding und Barnier sowie über 100 Vertreter der Organe und Einrichtungen der Union, der Vereinten Nationen, der Weltbank, des Europarats und anderer internationaler Organisationen, sowie Fachleute aus Hochschulen, Gerichten, Polizeikräften, nationalen Verwaltungen und aus der Zivilgesellschaft; die Ausschussmitglieder unternahmen Informationsreisen nach Belgrad, Mailand, Palermo, Rom, Den Haag und Washington, wo sie insgesamt fast 150 Behörden und Experten wie Mitglieder der nationalen Parlamente, Richter, Staatsanwälte, Provinzgouverneure, Polizeikräfte, Mitglieder spezialisierter Task Forces, Regierungsstellen und Zollbehörden, Gelehrte, Journalisten, Zeugen, Nichtregierungsorganisationen und viele weitere Betroffene befragten, die auf unterschiedlichen Ebenen an der Bekämpfung der organisierten Kriminalität beteiligt sind; der Ausschuss hielt eine interparlamentarische Sitzung mit den Vertretern der Ausschüsse der nationalen Parlamente mit dem gleichen Zuständigkeitsbereich ab.

Der Berichterstatter hat sich folglich im Laufe dieser Monate an allen oben genannten Beiträgen sowie den Anregungen von Kollegen orientiert und versucht, einen Text zu verfassen, der der Tatsache gerecht wird, dass die Bekämpfung der Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität, Korruption und Geldwäsche nicht länger aufgeschoben werden darf. Es handelt sich um Erscheinungen, die inzwischen eine globale Dimension erreicht haben und daher eine entsprechend starke Reaktion erfordern. Die Europäische Union ist aufgefordert, sich dieser Herausforderung zu stellen und sich, basierend auf den fortschrittlichsten gesetzgeberischen Modellen der Mitgliedstaaten, mit einem Instrumentarium auszustatten, das dieser Herausforderung auch gewachsen ist.

Zur typischen Vorgehensweise des organisierten Verbrechens gehört inzwischen neben der Gewalt und der Einschüchterung auch die Korruption. Die Geldwäsche wiederum ist einerseits eine häufige Folge der typischen Aktivitäten des organisierten Verbrechens, andererseits eine Erscheinung, die oft unmittelbar im Umfeld von Korruption, Betrug und Steuerhinterziehung auftritt. Daraus folgt, dass das organisierte Verbrechen, die Korruption und die Geldwäsche zwar unterschiedliche Erscheinungen sind, sie jedoch häufig durch objektive Zusammenhänge miteinander verbunden sind, die gezielte Maßnahmen erfordern.

Das organisierte Verbrechen ist seinerseits kein historisch oder räumlich begrenztes Phänomen mehr: 3600 internationale kriminelle Organisationen sind in der Europäischen Union tätig. Davon haben 70 % eine heterogene Zusammensetzung und einen heterogenen geografischen Wirkungsbereich, da ihre Mitglieder aus mehreren Ländern stammen, die ungestört und über alle nationalen Grenzen hinweg Verbrechen begehen, die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Globalisierung und der neuen Technologien nutzen und sich mit kriminellen Vereinigungen anderer Länder verbünden.

30 % dieser Vereinigungen sind darüber hinaus in verschiedenen Bereichen tätig und haben auch ein ausgeprägtes Geschick bei der Diversifizierung ihrer Aktionsbereiche, nutzen jede Art des illegalen Handels und beeinträchtigen so die legale Wirtschaft, die sie inzwischen in sehr hohem und besorgniserregendem Maße unterwandert haben.

Vor diesem Hintergrund wurde deshalb versucht, einen einheitlichen und kohärenten Rechtsrahmen vorzuschlagen, um das wirtschaftliche Herz des organisierten Verbrechens zu treffen und die justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene zu stärken. Es wurde ferner versucht, eine beweglichere, schlanke und damit weniger korriptionsanfällige öffentliche Verwaltung, eine verantwortungsvollere Politik, eine zügigere und glaubwürdigere Strafgerichtsbarkeit, ein gesünderes Unternehmertum, mehr Transparenz bei Banken und bestimmten Berufsgruppen sowie angemessene Maßnahmen gegen die Geldwäsche zu fördern, um zu verhindern, dass Kriminalität ein gewinnbringendes Geschäft ist, das der legalen Wirtschaft und den ehrlichen Unternehmern und Bürgern schadet.

Es ist zu wünschen, dass auch die neuen Technologien und Möglichkeiten des Lissabon-Vertrags, insbesondere in Hinblick auf die Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft, zur Erreichung der in diesem Bericht dargelegten Ziele beitragen können.

Den vollständigen Bericht finden Sie hier.