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»Deutsche Arbeitskosten entwickeln sich weiter unterdurchschnittlich«

Neuer europäischer Arbeitskostenvergleich des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stiftung, 01.3.2011

Deutschland liegt bei den Arbeitskosten für die Privatwirtschaft weiterhin im Mittelfeld der EU-Staaten - im Jahr 2009 mit 29 Euro pro Arbeitsstunde an siebter Stelle. Auch 2009 sind die Arbeitskosten in der Bundesrepublik mit einem Plus von 2,3 langsamer gestiegen als im Durchschnitt der Eurozone, wo der Zuwachs 2,9 Prozent betrug. Der kurzfristig stärkere Anstieg der deutschen Arbeitskosten in der Frühphase der Wirtschaftskrise, verursacht durch die drastische Arbeitszeitverkürzung zum Beschäftigungserhalt, hat sich bis zum dritten Quartal 2010 weitgehend zurückgebildet. Auch die Entwicklung der Lohnstückkosten hat sich nach einem kurzfristigen stärkeren Anstieg, der ebenfalls die erfolgreiche Beschäftigungssicherung in der Krise widerspiegelt, wieder dem langfristigen, im Euroraum-Vergleich unterdurchschnittlichen Trend angeglichen. Zu diesen Ergebnissen kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis der neuesten verfügbaren Daten.

Die extrem starke Entwicklung der Exporte im vergangenen Jahr unterstreiche, dass "die internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft weiterhin hervorragend ist", schreiben die Wissenschaftler in ihrem neuen Europäischen Arbeitskostenreport, der heute als IMK Report erscheint.* Allerdings sei das Problem der mangelnden Balance zwischen sehr starker Exportwirtschaft und relativ schwacher Binnennachfrage in Deutschland ungelöst. "Der vergleichsweise geringe Anstieg von Arbeits- und Lohnstückkosten reflektiert die verhaltene Lohnentwicklung in den vergangenen Jahren", sagt Prof. Dr. Gustav A. Horn, wissenschaftlicher Direktor des IMK. "Jetzt sehen wir bei den Löhnen und beim Konsum zwar eine leichte Beschleunigung. Aber das Fundament für eine dauerhafte Steigerung der Binnennachfrage ist noch dünn. Wenn die Lohnentwicklung nicht gestärkt wird, lassen sich zudem die hochproblematischen Ungleichgewichte im Euroraum nicht abbauen." 

Die aktuelle Entwicklung der deutschen Arbeitskosten setzt den moderaten Trend des vergangenen Jahrzehnts fort, zeigt die längerfristige Analyse des IMK: Zwischen 2000 und 2009 stiegen die deutschen Arbeitskosten nominal um durchschnittlich 1,9 Prozent pro Jahr. Im Durchschnitt des Euroraums mit 12 Ländern betrug die jährliche Zunahme hingegen 2,9 Prozent. In Dänemark, den Niederlanden, Großbritannien oder Spanien stiegen die Arbeitskosten um 3,5 bis 4,5 Prozent im Jahresdurchschnitt. In EU-Beitrittsländern wie Slowenien, der Tschechischen Republik oder Ungarn waren es 6,9 bis 8,9 Prozent.

Zur vollständigen Studie auf der Website der Hans-Böckler-Stiftung.