Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Deutschland, März 2014
- Gerade 11 Prozent der Frauen mit Kinderwunsch im Alter zwischen 30 und 40 Jahren sind überzeugt davon, dass sich Führungskräfte in ihrem Betrieb „glaubhaft und nachhaltig“ für die Vereinbarkeit von Familie oder Kindern und Beruf einsetzen.
- Eine unflexible Unternehmenskultur verhindert Progression am Arbeitsplatz. So sind 64 Prozent der Befragten der Meinung, ihr Betrieb lege einen „sehr hohen“ Wert auf die persönliche Anwesenheit am Arbeitsplatz.
- Nur 17 Prozent der Befragten sind der Meinung, in ihrem Betrieb gebe es Führungskräfte, die beim Thema Vereinbarkeit von Kindern und Beruf mit gutem Beispiel vorangehen. Spitzenreiter hier: die Automobilindustrie (19 Prozent Zustimmung).
Wie Unternehmen ihre Rolle unterschätzen
Familienfreundlichkeit wird von Unternehmen zunehmend als Wettbewerbsfaktor erkannt. Wiedereinstieg nach der Elternzeit, Vaterschaftsurlaub oder Sabbatical – diese und weitere Programme kennt inzwischen fast jedes Unternehmen. Viele Betriebe setzen familienfreundliche Maßnahmen um. Angeboten werden zahlreiche Möglichkeiten, Arbeitszeiten mit Blick auf die Familie zu flexibilisieren. Doch nicht immer sind Führungskräfte von den positiven betriebswirtschaftlichen Effekten einer familienbewussten Unternehmensführung überzeugt. Gerade jetzt in wirtschaftlich schwierigen und turbulenten Zeiten wachsen Zweifel an der Priorität und Machbarkeit einer familienorientierten Personalpolitik. Viele Betriebe scheuen auch aus vermeintlichen Kostengründen und einem hohen Organisationsaufwand Veränderungen in ihrer Personalpolitik im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
So bleibt es häufig bei Lippenbekenntnissen. Notwendige Veränderungen kommen nur langsam in Gang. Die Unternehmenskultur ist in aller Regel nicht auf eine Förderung von Familie und Karriere gleichermaßen ausgelegt, die Arbeitsabläufe richten sich zu wenig nach den Bedürfnissen der Eltern aus – eine Erkenntnis, die von der Realität in den Betrieben getragen wird.
Denn tatsächlich stimmen laut A.T. Kearney 40 Prozent der befragten Arbeitnehmer zwar der Aussage zu, ihr Arbeitgeber lege „sehr großen“ Wert auf ein arbeitnehmerfreundliches Betriebsimage. Gleichzeitig glauben jedoch nur 17 Prozent, dass in ihrem Betrieb die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf eine Selbstverständlichkeit ist
Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher. Führungskräfte in anderen europäischen Ländern widmen einer familienfreundlichen Unternehmenskultur weit mehr Aufmerksamkeit als hierzulande. Allein bei der Frage, ob sich Väter neben dem Job auch um ihre Kinder kümmern, sieht die Realität anders aus, als öffentliche Beteuerungen von Unternehmen und Politikern weismachen wollen. Nur 25, Prozent der Väter nutzen das Kindergeld. Die überwiegende Mehrheit der Väter ist aus Gründen fehlernder Akzeptanz in den Betrieben nach der Geburt des ersten Kindes weiterhin vollzeitbeschäftigt. Nur ein Drittel spricht von einer guten Balance zwischen Beruf und Familie. Wie A.T. Kearney ermittelt hat, sind nur 13 Prozent der Männer mit Kindern der Überzeugung, ihr Betrieb unterstütze Väter aktiv dabei, ausreichend Zeit für ihre Familien zu finden. Dabei würde fast jeder zweite Vater lieber weniger arbeiten. Eine 30-Stunden-Woche wäre für die meisten Väter das Ideal. Allein dies macht deutlich, dass sich Unternehmen in Deutschland nicht von der Familienförderung abkoppeln, oder innerbetriebliche Angebote als Feigenblatt gesellschaftlicher Verantwortung deklarieren können.
Mehr Schein als Sein: Unternehmen tun zu wenig
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird häufig an flexiblen Arbeitszeiten festgemacht. Doch allein mit Teilzeitstellen für junge Mütter verbessert sich die Situation keineswegs. Besonders gravierend ist die Situation bei weiblichen Führungskräften: Sie sind zu 77 Prozent kinderlos. Auf den obersten Führungsebenen sind in Deutschland Frauen – und erst recht Mütter – eine Rarität. Mit zunehmender Qualifikation sinkt die Bereitschaft zur Familiengründung. Bei Ärztinnen oder Publizistinnen ist die Geburtenrate besonders niedrig. Die Gründe sind eindeutig: Wenn Frauen eine Auszeit nehmen, wird ihnen bei der Rückkehr häufig eine Tätigkeit unter ihrem Qualifikationsniveau angeboten. Dieser Meinung sind auch viele Arbeitnehmerinnen, wie A.T. Kearney mit der vorliegenden Untersuchung bestätigt: Fast jede dritte Frau ist der Meinung, dass Kinder und Karriere nicht vereinbar sind und 42 Prozent der Frauen sehen in Teilzeit einen Karriere-Killer.
Die vollständige Studie finden Sie hier.