Dokumente zum Zeitgeschehen

»Die Mehrheit der Spanier, Portugiesen und Griechen misstraut dem politischen System«

Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zum Thema Vertrauen in europäischen Ländern, 27.7.2015

Das Thema Vertrauen ist nicht nur im privaten Miteinander der Menschen von großer Bedeutung. Auch in politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen wird die Relevanz von Vertrauen seit einigen Jahren stärker erkannt. Mit der Globalisierung ist die Notwendigkeit von generalisiertem Vertrauen gegenüber Fremden gestiegen und sind die Möglichkeiten, Vertrauen zu missbrauchen, vielfältiger geworden. Wissenschaftler aus diversen Disziplinen haben Vertrauen zu einem wichtigen Thema in ihren Forschungen gemacht. Neben theoretischen Erläuterungen und Erkenntnissen analysieren empirische Untersuchungen zwischenmenschliche Vertrauensbeziehungen, Auswirkungen von Vertrauen in menschlichen Beziehungen auf wirtschaftlich relevante Faktoren sowie Zusammenhänge von zwischenmenschlichem Vertrauen und wirtschaftlichen Größen.

Da dem Vertrauen eine große Bedeutung zukommt, ist es aufschlussreich zu sehen, wie viel Vertrauen in einem Land existiert. Diesbezüglich muss festgelegt werden, in welchen Bereichen Vertrauen gemessen werden soll. Aus ökonomischer und sozial- wissenschaftlicher Perspektive bieten die Bereiche Politik, Wirtschaft und Gesellschaft eine relevante und interessante Analysemöglichkeit. Zudem bilden sie auch in der wissenschaftlichen Diskussion häufig verwendete Strukturhilfen und werden auf der Makro-Ebene meist als verschiedene Systeme gesehen. Der internationale Vertrauensvergleich basiert folglich auf anhand unterschiedlicher Umfrage- und Marktdaten gemessenem Vertrauen in das politische System, das Wirtschaftssystem und das Gesellschaftssystem. Neben der Untersuchung von Vertrauen in diese Systeme in verschiedenen europäischen Ländern bietet auch die Betrachtung über einen Zeitraum von vierzehn Jahren aufschlussreiche Ergebnisse.

Deutschland liegt im internationalen Vertrauensvergleich im Jahr 2014 insgesamt auf dem siebten Platz. Damit gehört es zu den „Top 10“. Deutschlands Stärke liegt dabei klar im Vertrauen in das Wirtschaftssystem. In diesem Bereich schneiden nur Schweden, das Vereinigte Königreich und Dänemark besser ab. Spanien, Portugal und Griechenland belegen die letzten drei Plätze bei dem Gesamtindikator, wobei Griechenland seit dem Jahr 2008 den letzten Platz belegt. Insbesondere dann, wenn sich in einzelnen Ländern die Teilindizes im Zeitverlauf stark verändern, könnte eine weiterführende Analyse mehr Licht in das Dunkel bringen. So könnte beleuchtet werden, welche Ereignisse in welchem Ausmaß zu einem Vertrauensverlust oder -gewinn führen. Zudem können die Ergebnisse der nächsten ESS-Umfragewelle neue Erkenntnisse liefern, so auch für Deutschland.

Grundsätzlich sollte bei der Bewertung von Vertrauen und bei der Überlegung zur Entwicklung vertrauensstärkender Maßnahmen beachtet werden, dass die Frage nach zu viel Vertrauen durchaus berechtigt ist. Gibt es ein gesundes Maß an Vertrauen? Gerade bei dem Teilindex Vertrauen in das Gesellschaftssystem könnte zu viel Vertrauen als naiv und nicht förderlich betrachtet werden. Obwohl also mehr Vertrauen ab einem gewissen Grad nicht immer zwingend noch mehr Vorteile bringt, sollte insbesondere in Krisenzeiten versucht werden, Vertrauensverlusten vorzubeugen. Kommt es dennoch zu einem Vertrauensverlust, gilt es, durch vertrauensbildende Maßnahmen schnell wieder neues Vertrauen aufzubauen. Denn nur eine Regierung, die das Vertrauen ihrer eigenen Bürger und das von Politikern anderer Länder genießt, ist in der Lage, ein Land aus einer Krise zu führen.

Die vollständige Studie finden Sie hier.