Dokumente zum Zeitgeschehen

»Ein neuer Wachstumspfad für Deutschland«

Gutachten im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung zu nachhaltiger Strukturpolitik, 30.9.2012

Zusammenfassung

Aufgabe dieses Gutachtens ist es, die Konturen einer Wirtschaftspolitik für Deutschland aufzuzeigen, die nachhaltiges Soziales Wachstum ermöglicht. Das singuläre Ziel eines hohen und steigenden Einkommens wird zunehmend kritisch bewertet, da steigende Einkommen nicht grundsätzlich allen gesellschaftlichen Gruppen und Schichten zugutekommen und Wachstum – trotz Produktivitätsfortschritten – noch immer mit steigendem Ressourcen- und Energieverbrauch einhergeht. Anstelle des Bruttoinlandsprodukts als dem primären Fokus der Wirtschaftspolitik tritt daher ein Zielbündel, das Einkommen, soziale Zielsetzungen, Ressourcenschonung etc. beinhaltet. Zugleich kann die Notwendigkeit von Wachstum zum Erreichen der Vollbeschäftigung und zur Finanzierung von Sozialstaat, Gesundheit und Pensionen sowie dessen Bedeutung für gesellschaftliche Mobilität und die Lösung von Verteilungskonflikten nicht geleugnet werden.

Als Soziales Wachstum verstehen wir hier einen Wachstumspfad, bei dem auch die niedrigen Einkommen steigen, unterschiedliche Startchancen tendenziell ausgeglichen und Risiken u. a. bezüglich Arbeitsplatz, Gesundheit und Alter von der Gesellschaft abgefedert werden. Es gibt keine einheitliche Definition des Begriffes „Soziales Wachstum“ und keinen Indikatorsatz, an dem Soziales Wachstum gemessen werden kann. Die Dimension „sozial“ sollte weit gefasst werden, also auch gesellschaftliche Partizipation, Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen an steigender Vielfalt von Gütern und Dienstleistungen, gesunde Umwelt, Wohnbedingungen, kulturelle Aktivitäten umfassen.

Wie sich zeigt, erfordert sozial nachhaltiges Wachstum die Umsetzung von strukturellen Politiken, die nicht nur Angebot und Nachfrage generell steigern, sondern speziell an ihren erwünschten Komponenten ansetzen. Solche Strukturpolitiken umfassen Industrie-, Regional-, Gender-, Innovations- und Bildungs- sowie Einkommenspolitik. Die vorliegende Studie erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit im Hinblick auf all diese Dimensionen – so wurde zum Beispiel auf eine Auseinandersetzung mit den regionalen Unterschieden innerhalb Deutschlands und den Herausforderungen der Regionalpolitik verzichtet.

Deutschland hat in den vergangenen 20 Jahren erhebliche Veränderungen in den in- und externen Rahmenbedingungen mitgemacht und dabei wirtschaftliche Hoch- und Tiefphasen erlebt. Um die hohen Lohnkosten an die Produktivität anzupassen, den Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten und die Kosten der Wiedervereinigung zu tragen, hat die deutsche Wirtschaft eine Korrekturphase vorgenommen. Wesentliche Züge dieser Strategie lassen sich als Low-Road-Strategie bezeichnen. Eine stärkere Kluft in der Einkommensverteilung, der Abbau sozialer Errungenschaften und ein Rückfall in der ökologischen Position zählen zu ihren Ergebnissen. Zur Fortsetzung dieses Kurses besteht keine Notwendigkeit. Deutschland ist heute preislich extrem wettbewerbsfähig und schafft es, die Vorteile der Globalisierung zu nutzen. Wie unsere Analysen zeigen, ist es für Deutschland möglich und sinnvoll, auf eine anspruchsvolle Wirtschaftsstrategie für ein Hocheinkommensland umzusteigen, d.h. zu versuchen, die Einkommen insgesamt zu steigern und auf breiter Basis die Lebensbedingungen und die Umweltqualität zu verbessern. Der weitere Weg sollte daher eine High-Road-Strategie sein, basierend auf Qualität, Innovation, Bildung, Flexibilität, Sicherheit und Chancengleichheit.

Das vollständige Gutachten finden Sie hier (pdf).