Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft im Auftrag von Greenpeace, November 2020
Klimaschädliche Subventionen untergraben Maßnahmen zu Erreichung der Klimaschutzziele und stehen der ökologischen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft entgegen. Angesichts der hohen Neuverschuldung des Bundes zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen durch die Corona-Pandemie sowie geringerer Steuereinnahmen infolge der Krise kommt dem längst in Aussicht gestellten Abbau klimaschädlicher Subventionen damit eine besondere Bedeutung mit hoher Dringlichkeit zu. Der Abbau dieser Subventionen würde zum Klimaschutz beitragen und gleichzeitig jetzt benötigte Gelder mobilisieren für Zukunftsinvestitionen und eine ökologische Transformation der Wirtschaft.
In dieser Studie werden zehn besonders klimaschädliche Subventionen in Deutschland identifiziert und mögliche Abbaupfade mit Blick auf deren fiskalische und klimapolitische Wirkung untersucht. Aus diesen Ergebnissen wird ein Ranking von Handlungsfeldern zum Subventionsabbau mit dem höchsten Potenzial für Klimaschutz und finanzielle Einnahmen erstellt.
Die in dieser Studie vorgeschlagenen Reformen zum Abbau der zehn Subventionen haben ein Einnahmenpotenzial von anfänglich 46 Mrd. Euro pro Jahr (ohne Lenkungswirkung) und können Emissionen in Höhe von fast 100 Mio. t CO2-Äquivalent (CO2e) pro Jahr einsparen. Zum Vergleich: Dies entspricht in etwa den jährlichen CO2e-Emissionen des gesamten Pkw-Verkehrs in Deutschland (96 Mio. t CO2e). Diese Summe basiert auf separaten Berechnungen zu den Effekten einzelner Maßnahmen. Ihre kumulierte Wirkung auf das deutsche Klimaziel im Paket mit anderen Maßnahmen (insbesondere in Ergänzung zum Klimaschutzprogramm 2030) kann etwas niedriger ausfallen – Dies kann nur durch aufwändigere Modellierungen noch genauer beziffert werden, die im Rahmen dieser Studie nicht möglich sind.
Die Ergebnisse zeigen aber bereits sehr deutlich, wie relevant der Subventionsabbau für das Erreichen der Klimaschutzziele ist. Selbst bei Umsetzung aller Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2030 fehlen voraussichtlich weitere 71 Mio. t CO2e zum Erreichen der Klimaziele 2030. Der Abbau der klimaschädlichen Subventionen könnte einen wesentlichen Betrag dazu leisten. Bei dem folgenden Ranking geht es um den Vergleich und eine „Reihenfolge der Dringlichkeit“ erklärtes Ziel bleibt aber der schnellstmögliche Abbau aller umweltschädlichen Subventionen.
- In der Gesamtbeurteilung sind der Abbau der Energiesteuerbefreiung für Kerosin, der Energiesteuerbegünstigung für die Stromerzeugung und die Reduzierung der Strompreisausnahmen für die Industrie besonders klimawirksam: sie weisen ein hohes Klimaschutzpotenzial aus und es werden pro eingespartem Euro im Vergleich die höchsten CO2e-Minderungen erzielt. Auch die fiskalische Wirkung ist groß: beispielsweise würden durch die Besteuerung von Kerosin mehr als 8 Mrd. Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen erzielt und jährlich 26 Mio. t CO2e vermieden.
- Im Mittelfeld liegen weitere Subventionen aus dem Verkehrs- und Agrarbereich: die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge, die Entfernungspauschale und das Dieselprivileg sowie der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf tierische Produkte: hier sind häufig die fiskalischen Einnahmen hoch, die Klimaschutzwirkung des Subventionsabbaus (und damit auch die Reformeffizienz) jedoch etwas moderater im Vergleich zur Spitzengruppe. Das liegt z. B. daran, dass im Straßenverkehr die Nachfragereaktionen weniger stark sind, da die Nachfrage nicht so stark auf Preisveränderungen reagiert. Anders als etwa im Stromsektor, wo auch vergleichsweise geringe CO2-Preisänderungen dazu führen können, dass am Strommarkt beispielsweise Stein- und Braunkohlekraftwerke zugunsten von Gaskraftwerken wegen höherer Stromerzeugungskosten verdrängt werden (Merit Order).
- Die nachfolgenden Plätze im Ranking belegen Reformpfade bei den Energiesteuervergünstigungen für die Industrie und beim Agrardiesel sowie das Dienstwagenprivileg. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Reform nicht trotzdem geboten wäre. Hier ist das Klimaschutzpotenzial lediglich geringer, aber dennoch bedeutsam. Beim Agrardiesel liegt dies zum Beispiel an einem vergleichsweise niedrigeren Ausgangsniveau beim Verbrauch und voraussichtlich geringerem Potenzial zur Veränderung von Verhaltensweisen bzw. Investitionen, u. a. aufgrund noch fehlender Antriebsalternativen.
Neben dem Klimapotenzial ist das fiskalische Einnahmepotenzial ein sehr relevanter Faktor. Der Subventionsabbau kann in den nächsten Jahren dazu genutzt werden, die Neuverschuldung des Bundes aufgrund der notwendigen Konjunktur- und Investitionsmaßnahmen im Rahmen der Corona- und Krise gegenzufinanzieren und gleichzeitig für Klimaschutzinvestitionen zur Dekarbonisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Er ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen und gerechten Staatsfinanzierung. Ein sukzessiver Abbaupfad für die nächsten Jahre, der jetzt im Zuge der großen zusätzlichen Staatsausgaben gestaltet und konzipiert wird, hat auch einen klaren Signaleffekt für die Abkehr von fossilen Energien und eine beschleunigte ökologische Transformation hin zu einem Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energien. Er steht außerdem im Einklang mit den Zielsetzungen des deutschen Klimapakets, des European Green Deal und des Pariser Klimaschutzabkommens.
Die Studie können Sie hier herunterladen.