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»Es droht zunehmende Altersarmut«

Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung zur Riester-Rente, 13.9.2012

Auf einen Blick

„„Die Rentenreformen von 2001 und 2004 mit dem Verzicht auf die Lebensstandardsicherung, der schrittweisen Senkung des Rentenniveaus und der gleichzeitigen Einführung der freiwilligen Riester-Rente erweisen sich als problematisch: Es droht zunehmende Altersarmut.

Der Teilumstieg vom umlagefinanzierten gesetzlichen Rentensystem hin zur kapitalgedeckten Riester-Rente hält nicht, was er verspricht. Viele haben keinen Riester-Vertrag oder zahlen wenig ein. Finanzmarkt- und Euro-Krise reduzieren die Renditen. Auch mit der Kapitaldeckung können die demographischen Risiken in der Altersvorsorge nicht begrenzt werden.

Die Politik muss handeln. Das gesetzliche Rentenniveau darf nicht weiter abgesenkt, sondern sollte auf das durchschnittliche Niveau in der OECD angehoben werden. Statt Riester-Verträge zu subventionieren sollten gezielt niedrige Renten steuerfinanziert angehoben und wieder eine vernünftige Erwerbsunfähigkeitsrente eingeführt werden.

Problematische Rentenreformen

Mit den Rentenreformen von 2001 und 2004 wurde ein grundsätzlicher Zielwechsel für die gesetzliche Rente eingeleitet: Von der Sicherung des Lebensstandards im Rentenalter hin zur Beitragssatzstabilität. So soll der Beitragssatz nur bis maximal 22 % im Jahr 2030 steigen. Ohne die Reformmaßnahmen würde sich der Beitragssatz dagegen bis zum Jahr 2030 auf etwa 26 % erhöhen (Dedring et al. 2010). Folglich wird angesichts der absehbaren demographischen Entwicklung das Rentenniveau schrittweise sinken (siehe Infobox 1). Darüber hinaus reduzieren weitere Maßnahmen, die sich nicht im Indikator Rentenniveau niederschlagen, die Rentenhöhe: So werden Ausbildungszeiten in der Regel nicht mehr anerkannt, Zeiten der Arbeitslosigkeit geringer bewertet, und es werden Abschläge bei vorzeitigem Rentenbezug vorgenommen. Das alles führt dazu, dass die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) künftig einen deutlich geringeren Teilbeitrag zu einem den Lebensstandard sichernden Alterseinkommen leistet.

Zum Ausgleich der starken Absenkung des Rentenniveaus sollen die Beschäftigten entweder betrieblich und/oder privat und ohne Arbeitgeberbeteiligung im Rahmen der neu eingeführten Riester-Rente vorsorgen, was in  Abhängigkeit von Familienstand und Einkommen sowohl durch staatliche Zuschüsse als auch durch Steuererleichterungen gefördert wird. Darüber hinaus werden weiterhin private und betriebliche Vorsorgeaufwendungen durch die Absetzbarkeit bei der Einkommenssteuer und durch die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit bei der „Entgeltumwandlung“ gefördert.

Die wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele dieser Reformen waren, die Kosten des gesetzlichen Rentensystems vor dem Hintergrund des demographischen Wandels zu reduzieren und die Lohnnebenkosten zu senken, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit, sowie Wachstum und Beschäftigung zu steigern. Zugleich sollte über die Einführung der kapitalgedeckten Riester-Rente eine ausreichende Alterssicherung gewährleistet werden. Mit dem Teilumstieg vom Umlageverfahren zur Kapitaldeckung erhoffte man sich, dass im Einklang mit internationalen Empfehlungen höhere Renditen als im Umlageverfahren zu erzielen seien (World Bank 1994 und die spätere Relativierung durch Orszag und Stiglitz 1999).

Es ist aber mittlerweile fraglich, ob diese Ziele erreicht werden. Erste Bestandsaufnahmen der Rentenreformen und insbesondere der Riester-Rente zeigen, dass viele Versprechen bei weitem nicht eingelöst werden. Im Folgenden wird gezeigt, dass die kapitalgedeckte Rente keinesfalls geeignet ist, den Menschen ein sicheres Auskommen im Alter in Ergänzung zur gesetzlichen Rente zu garantieren. Bleiben die Reformen unverändert in Kraft, werden erhebliche Teile der Erwerbsbevölkerung in Altersarmut gleiten.

Die vollständige Studie (pdf) finden Sie hier.