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»Es ist besorgniserregend, dass Parteien syrische Geflüchtete im Hinblick auf den Wahlkampf instrumentalisieren«

Pressemitteilung von Misereor, 13.12.2024

Nach dem Sturz Assads in Syrien wird in Deutschland über schnelle Rückführungen von syrischen Geflüchteten und Aufnahmestopps diskutiert. Misereor kritisiert diese Debatte zum jetzigen Zeitpunkt scharf und fordert stattdessen Solidarität mit den Geflüchteten. Dazu Mariana Ghawaly Giacaman, Misereor-Expertin für Flucht und Migration:

„Nach dem Ende der 54-jährigen Gewaltherrschaft des Assad-Regimes über Syrien berichten die Partnerorganisationen von Misereor über viel Hoffnung und Erleichterung im Land. Aber auch über die Sorge der Menschen angesichts einer völlig ungewissen Zukunft und den aktuell andauernden Kampfhandlungen im Land sowie Bombardierungen durch verschiedene Akteure - wie zuletzt durch Israel.

Die Lage in Syrien bleibt chaotisch und unberechenbar. Was die anstehenden Veränderungen für die Bevölkerung bedeuten, ist weiterhin völlig unklar. Nun schon von einem „Aufnahmestopp“ und „Rückführungen“ zu sprechen ist deshalb verfrüht, unangemessen und wird der Lage vor Ort nicht gerecht.

Nach Angaben des Koordinierungsbüros für Humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen (UNOCHA) benötigen 2024 16,7 Mio. Menschen (8,4 Mio. Frauen, 8,3 Mio. Männer) humanitäre Hilfe. Auch die Infrastruktur und die Basisversorgung müssen in Teilen wieder aufgebaut werden. Akut steigen die Lebensmittelpreise, und staatliche Strukturen müssen sich neu ordnen. Vor diesem Hintergrund ist es besorgniserregend, dass im Hinblick auf den Wahlkampf Parteien das Schicksal syrischer Geflüchteter instrumentalisieren, ohne sich auf die Realität vor Ort zu beziehen. Zu einem Zeitpunkt, zu dem Syrien noch keine neue Regierung hat und sich eine neue Ordnung noch nicht verfestigt hat. Die Menschen in Syrien und im Exil haben in dieser komplizierten Lage unsere Solidarität verdient und eine Perspektive auf ein Leben in Frieden und Sicherheit. Ihr Recht auf Selbstbestimmung sollte im Zentrum der Debatte stehen und nicht vorschnelle innenpolitische Debatten.“

Die Pressemitteilung finden Sie hier.