Studie in Auftrag der Nichtregierungsorganisation Campact über die Folgen der transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP für Bundesländer und Kommunen, 4.9.2014
Zusammenfassung
1. Kommunale Maßnahmen, die Geschäftsinteressen transatlantisch tätiger Investoren beeinträchtigen, würden durch TTIP vermehrt zu Entschädigungsklagen vor internationalen Tribunalen führen. Die dazu vorgesehenen Investor-Staat-Schiedsverfahren sind schon in der Vergangenheit des Öfteren angerufen worden, um gegen kommunale oder regionale Entscheidungen vorzugehen, besonders gegen Umweltauflagen, Konzessionsbedingungen oder verweigerte Betriebsgenehmigungen. Aufgrund des sehr hohen transatlantischen Investitionsbestands, der erstmals unter den Investitionsschutz fallen würde, dürfte die Zahl derartiger Klagen deutlich steigen.
2. Die geplanten TTIP-Kapitel über Dienstleistungen und Investitionen berühren kommunale Hoheitsrechte wie die Organisationsfreiheit, dies vor allem aufgrund der weitreichenden Marktzugangs-, Nichtdiskriminierungs- und Investitionsschutzregeln. Maßnahmen etwa zur Beschränkung von Gewerbeansiedlungen, zum Schutz vor Verdrängungskonkurrenz, zum Erhalt von Sparkassen oder zum Mieterschutz könnten als TTIP-Verstöße unter Druck geraten.
3. Da es keine grundsätzliche Ausnahme der öffentlichen Daseinsvorsorge von TTIP gibt, ist eine weitere Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Leistungen zu befürchten. Die in den ersten Entwürfen der EU-Verpflichtungsliste enthaltene Ausnahmeklausel für öffentliche Dienstleistungen („public utilities“) bietet zu viele Schlupflöcher, um diese effektiv zu schützen. Dies eröffnet privaten Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten, gegen den Wettbewerb durch kommunale oder im öffentlichen Auftrag tätige private Unternehmen vorzugehen. Durch die Standstill- und Ratchet-Klauseln schließlich werden Revisionen vergangener Liberalisierungen, wie etwa Rekommunalisierungen, zu Vertragsverstößen.
4. Bisher liegen noch keine TTIP-Entwürfe vor, die belastbare Aussagen über die Ausgestaltung der Subventionsregeln zulassen. Folgt TTIP aber dem Muster des EU-Handelsabkommens mit Kanada (CETA), würden die Ausgleichszahlungen für öffentliche Aufgaben angreifbar. Dies wäre u. a. dann zu befürchten, wenn Subventionen als „indirekte Enteignung“ aufgefasst werden – ein Möglichkeit, die zumindest CETA nicht ausschließt.
Private Anbieter wie die großen Klinikketten, die schon jetzt gegen kommunale Ausgleichszahlungen klagen, könnten solche Klauseln ausnutzen.
5. Erhält TTIP ähnliche Vergaberegeln wie CETA, entsteht ein vertiefter transatlantischer Beschaffungsmarkt, der öffentliche Aufträge privaten Unternehmen beiderseits des Atlantiks leichter zugänglich macht. Durch die Fixierung von Schwellenwerten, ab denen transatlantisch ausgeschrieben werden muss, verliert die öffentliche Hand Spielräume für eine autonome Einkaufspolitik. Sozialökologische Reformen des Beschaffungswesens wie Vergabeund Tariftreuegesetze könnten mit TTIP-Regeln in Konflikt geraten. Aufgrund einer mangelnden Verankerung von Sozialstandards, wie es in CETA bereits der Fall ist, würden gerade soziale Vergabekriterien angreifbar.
Die vollständige Studie finden Sie hier (pdf).