Rede von Marina Weisband zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, 27.1.2021
In der Ukraine hieß ich Onufriyenko. Meine Familie hat damals mit Absicht den jüdischen Namen Weisband nicht tragen wollen, wegen der Nachteile, die er bedeutete. Mein Opa, der den Holocaust überlebt hat, las sein ganzes Leben lang sehr genau alle Zeitungen, verfolgte angespannt die Stimmung im Land. 1993 sagte er: „Wir müssen gehen. Jetzt.“ Ich hatte Angst vor einem unbekannten Land. Mein Vater nahm mich in den Arm und tröstete mich. Er sagte: „Keine Sorge. In Deutschland interessiert es niemanden, dass wir Juden sind. In Deutschland können wir einfach nur Menschen sein.“
Wir zogen nach Deutschland. Wir nahmen den Namen Weisband wieder an. Heute gehe ich zum Gebet durch Sicherheitskontrollen. Ich lese aufmerksam die Zeitung und beobachte die Stimmung im Land. Und ich lerne, dass der Traum vom „einfach nur Mensch sein“ Arbeit bedeutet.
Ich darf hier stehen als Repräsentantin der Nachgeborenen. Einer Generation von jungen Jüdinnen und Juden, die alle ganz verschieden sind. Aber viele von uns machten lange Suchen nach Identität durch. Viele von uns setzen mühsam Scherben zusammen von dem, was einst Kultur war. Zugehörigkeit. Und Normalität.
Die vollständige Rede finden Sie hier.