Stellungnahme vom Netzwerk Nachhaltige Wissenschaft, 11.6.2024
Wissenschaftsfreiheit ist ein prekäres Gut – und wissenschaftliche Debatten tragen das Risiko in sich, von politischen Interessen vereinnahmt zu werden. Um so wichtiger ist es, für die offene und egalitäre Gestaltung von Diskussionen zu sorgen. Dass nun ausgerechnet die liberale Bundesministerin für Bildung und Forschung eine massive Einschränkung dieser Freiheiten betreibt, hätte man vor ein paar Wochen wohl noch nicht für möglich gehalten. Aber viel ist in Bewegung geraten, seit Anfang Mai ein Offener Brief an den Berliner Hochschulen zirkulierte. [...] Nun wurde durch Recherchen des ARD-Magazins Panorama bekannt, dass einige Tage nach diesen Entwicklungen im Ministerium die Weisung erging, den Offenen Brief nach strafrechtlich relevanten Inhalte zu durchsuchen und zu prüfen, ob die Unterzeichnenden durch einen Entzug bereits bewilligter staatlicher Fördermittel sanktioniert werden könnten.
Derartige Maßnahmen bedrohen die Freiheit der Wissenschaft in Deutschland. Sie befördern durch die erkennbare Absicht, oppositionelle Stimmen zu sanktionieren, ein Klima der Angst. Dabei bedienen sie sich auch der verbreiteten beruflichen Unsicherheit an den Hochschulen, namentlich der ungesicherten Situation von Projektbeschäftigten. Die im Koalitionsvertrag festgehaltene Absicht, diese Unsicherheit abzubauen und ihre gesetzlichen Grundlagen zu korrigieren, hat die Ministerin bisher auffällig vernachlässigt. Auch wenn der Vorstoß folgenlos blieb, zeigt das bloße Ansinnen, wie wenig die Hochschulpolitik in unserem Land derzeit den Prinzipien der freien und offenen Auseinandersetzung verpflichtet ist. Dass die Bewilligung von Fördermitteln hier als mögliches Instrument der Sanktionierung in den Blick genommen wird, gibt großen Anlass zur Besorgnis. Dieses Ministerium hat ganz offensichtlich nicht die Interessen der Wissenschaft im Sinn.
Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.