Dokumente zum Zeitgeschehen

»Nur noch rund 27 Prozent der Betriebe im Westen und 16 Prozent im Osten sind durch Branchentarifverträge gebunden«

Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 24.5.2018

Seit Beginn der Erhebung 1996 bis Mitte der 2000er-Jahre ist die Branchentarifbindung in ganz Deutschland stark rückläufig. In Westdeutschland bleibt der Deckungsgrad danach bis 2010 annähernd stabil, in Ostdeutschland setzt erst nach 2010 eine gewisse Stabilisierung ein. Aktuell ist in beiden Landesteilen wieder ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Ob sich dieser Abwärtstrend fortsetzt, werden die nächsten Jahre zeigen.

In der Gesamtwirtschaft ging der Anteil der Beschäftigten in branchentarifgebundenen Betrieben von 1996 bis 2017 in Westdeutschland um 21, in Ostdeutschland um 22 Prozentpunkte zurück. Diese Entwicklung ist weitestgehend auf den Rückgang der Branchentarifbindung in der Privatwirtschaft zurückzuführen, denn die Flächentarifbindung im öffentlichen Sektor blieb im betrachteten Zeitraum weitgehend stabil.

Im Jahr 2017 arbeiteten hochgerechnet rund 49 Prozent der westdeutschen und 34 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten in branchentarifgebundenen Betrieben. Firmen- oder Haustarifverträge galten für 8 Prozent der westdeutschen und 10 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten.

Für rund 43 Prozent der westdeutschen und 56 Prozent der ostdeutschen Arbeitnehmer gab es keinen Tarifvertrag. Allerdings wurde knapp die Hälfte dieser Beschäftigten (West: 50%, Ost: 45%) indirekt von Tarifverträgen erfasst, da sich die Betriebe, in denen diese Beschäftigten arbeiten, nach eigenen Angaben an den jeweiligen Branchentarifverträgen orientierten.

Über 70 Prozent der Betriebe sind nicht tarifgebunden

Von den Betrieben selbst sind derzeit hochgerechnet noch rund 27 Prozent im Westen und 16 Prozent im Osten durch Branchentarifverträge gebunden. Haus- oder Firmentarifverträge gelten für jeweils 2 Prozent der Betriebe in den alten und neuen Bundesländern. Alle anderen, also etwa 71 Prozent der westdeutschen und 81 Prozent der ostdeutschen Betriebe, sind nicht tarifgebunden.

Rund 40 Prozent der nicht tarifgebundenen Betriebe in Westdeutschland und 35 Prozent in Ostdeutschland gaben jedoch an, sich in ihren Einzelarbeitsverträgen an bestehenden Branchentarifen zu orientieren. Allerdings lehnt sich nur wiederum ein Teil dieser Betriebe auch in allen relevanten Punkten – etwa bei den finanziellen Zusatzleistungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld, den Arbeitszeiten oder der Dauer des Jahresurlaubs – am jeweiligen Branchentarif an. Im Jahr 2011 – aktuellere Daten dazu liegen nicht vor – galt dies im Westen nur für rund 19 Prozent und im Osten für 25 Prozent der nicht tarifgebundenen Betriebe. Nur in diesen Betrieben dürften die Beschäftigten also Arbeitsbedingungen vorfinden, die mit denen in branchentarifgebundenen Betrieben weitgehend vergleichbar sind.

Die vollständige Studie finden Sie hier.