Offener Brief an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock anlässlich der Entführung zweier Journalist*innen im Irak, 25.4.2022
Pressefreiheit ist kein Luxus. Sie ist eine systemrelevante Errungenschaft. Zwei Journalist:innen, deren Arbeit auf dieser systemrelevanten Errungenschaft basiert, wurden am 20. April 2022 von der irakischen Armee ohne Angabe von Gründen an einem Checkpoint im Şengal verhaftet; in demselben Siedlungsgebiet im Irak, das seit dem Genozid an den Ezid:innen durch den sogenannten Islamischen Staat 2014 weltweit bekannt ist.
Wir bitten Sie dringend um Ihren Einsatz für die Freilassung der beiden Journalist:innen, der deutschen Staatsbürgerin Marlene F. und ihres slowenischen Kollegen Matej K. Die beiden Journalist:innen recherchieren seit Monaten über die gesellschaftlichen Verhältnisse der ezidischen Gemeinschaft in Şengal. Dazu gehörte es, Gespräche mit Vertreter:innen verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen und Institutionen in der Region zu führen. Beide befanden sich mit drei weiteren Personen auf der Rückreise von einer Feierlichkeit im Rahmen des ezidischen Neujahrsfestes „Çarşema Sor“, als sie an einem Checkpoint der irakischen Armee festgehalten und gegen ihren Willen untersucht wurden, obwohl sie sich umgehend als Journalist:innen zu erkennen gegeben haben.
Die irakische Armee ist dabei sehr brutal vorgegangen. Private Gegenstände - u.a. Telefone, Rucksäcke - sind konfisziert worden. Marlene F. und Matej K. wurden von der irakischen Armee festgenommen, stundenlang verhört und am Freitag, 22. April 2022 nach Bagdad überführt. Mit großer Sorge lesen wir Meldungen, dass die Festgenommenen bedroht und erniedrigt wurden. [...]
Frau Baerbock, sehr geehrte Staatsminister:innen Keul, Lindner und Lührmann - eine feministische Außenpolitik bedeutet das Einstehen für Werte - und für die Rechte unterdrückter Gemeinschaften und Bevölkerungsgruppen. Im Schatten des Ukrainekrieges greifen sowohl die türkische als auch die irakische Armee immer wieder das Şengal-Gebiet an. Die Verhaftung der beiden Journalist:innen ist eine weitere Eskalation in einem Konflikt, der sich vor allem gegen die Würde der Ezid:innen richtet, der aber uns alle angeht.
Wir setzen auf Ihre Unterstützung und den vollen Einsatz für die Freilassung von Marlene F. und Matej K. - auch und vor allem im Sinne einer wertebasierten Außenpolitik. Bitte lassen Sie uns zeitnah wissen, was Sie tun können und werden. Bis dahin verbleiben wir mit freundlichen Grüßen.“
Den vollständigen Brief finden Sie hier.