Ausgabe Januar 1990

An unsere Leserinnen und Leser

Die Liquidation des Pahl-Rugenstein Verlages hat Herausgeberkreis und Redaktion veranlaßt, den Vertrag über die verlegerische Betreuung der "Blätter" durch PRV zu kündigen und die Zeitschrift ganz in eigene Regie zu übernehmen. Mehr als drei Jahrzehnte haben die "Blätter" das Bild des PahlRugenstein Verlages mitgeprägt. Die Zusammenarbeit zwischen Verlag und Zeitschrift ist beiden Seiten von Nutzen gewesen. Den "Blättern" erlaubte sie, trotz der Einbindung in Verlagsstrukturen eine unabhängige publizistische Existenz zu führen. Das abrupte Ende dieser Kooperation bedauern wir.

Die hohe Auflage und die große Zahl der Abonnements (Stand Januar 1990: 12 000 bzw. 10 844) machen es möglich, die Zeitschrift auch wirtschaftlich selbständig weiterzuführen. Beginnend mit der vorliegenden Januarausgabe erscheint sie im Eigenverlag der Redaktion, der neu gegründeten "Blätter Verlagsgesellschaft mbH". Für die Herausgabe der Zeitschrift zeichnet - nach wie vor - die "Gesellschaft Blätter für deutsche und internationale Politik" verantwortlich, in der Herausgeberkreis und Redaktion sich zusammengeschlossen haben (vgl. die redaktionelle Erklärung in Heft 10/1989).

Die Redaktion zieht zum Jahreswechsel nach Bonn um (Bertha-von-Suttner-Platz 6). Dort hat auch die neue Blätter Verlagsgesellschaft ihren Sitz. Erscheinungsweise und Umfang der "Blätter" bleiben unverändert. Mit dem Ende der verlegerischen Betreuung durch PRV gehen der Zeitschrift allerdings Serviceleistungen im Bereich "Werbung und Marketing" verloren, die wir nicht unmittelbar ersetzen können. Der vom Verlag betriebene Werbeaufwand läßt sich in unabhängiger Existenz so nicht aufrechterhalten. Künftig sind wir vermehrt auf die Mithilfe aller angewiesen, die die "Blätter" lesen und schätzen, für sie schreiben und mit ihnen arbeiten. Seit Gründung der Zeitschrift vor 34 Jahren spielt die Weitergabe der "Blätter", ihre Empfehlung im Bekanntenkreis und ihre Nutzung in Bürgerinitiativen, Bildungs- und Gewerkschaftsarbeit, in politischen und sozialen Bewegungen bei der Ausweitung der Leserschaft die größte Rolle. Diese Formen persönlicher und gezielter Verbreitung gewinnen gegenwärtig besondere Bedeutung.

Daher geht der Appell an unsere Leserinnen und Leser, bei der Verbreitung der Zeitschrift mitzuhelfen. Es gibt viele Möglichkeiten: Sie können ein Abonnement verschenken und damit zugleich die "Blätter" stärken; nennen Sie uns Interessenten, denen wir Probehefte schicken können oder fordern Sie selbst einige Probehefte zum Weiterverteilen an; wenn Sie bisher die "Blätter" in Bibliotheken oder anderswo gelesen haben, bitten wir Sie, ein Abonnement zu erwägen; wer die "Blätter" kennt, aber aus diesem oder jenem Grund nicht mehr bezieht, ist herzlich gebeten, diese Entscheidung angesichts der neuen Situation zu überprüfen; wer sich finanziell dazu in der Lage sieht, die Arbeit der Zeitschrift über den normalen Abonnementpreis hinaus zu unterstützen, hat die Möglichkeit eines Förderabos (siehe Impressum und beiliegendes Faltblatt).

Die neue Situation, der die "Blätter" sich jetzt gegenüber sehen, hat uns veranlaßt, die Gründung eines Fördervereins vorzubereiten. Um die Zeitschrift für neue, mit Kosten verbundene Projekte zu öffnen (z.B. in den Bereichen Kultur und Politik oder internationale Solidarität) und besser zu befähigen, die aufbrechende Vielfalt politischer Debatten aufzunehmen, soll der Förderverein ein Forum bieten, das entsprechende Projekte mit konzipiert und über die zweckgebundene Mittelverwendung mitentscheidet. Werden Sie Mitglied in diesem Verein! Wir informieren Sie über den Stand der Vorbereitungen, über Satzung und Zahlungsmöglichkeiten, wenn Sie uns die beigefügte Postkarte (Faltblatt) zuschicken.

Für Spenden benutzen Sie bitte das Konto der Blätter Verlagsgesellschaft bei der Volksbank Bonn (BLZ 380 601 86), Konto 130 2650 019, Kennwort "Blätter-Spende". Die Fortführung der "Blätter" in eigener Regie eröffnet neue Chancen und neue Wirkungsfelder. Wir wollen die Zeitschrift als unabhängiges Forum der demokratischen Bewegungen erhalten und sie im neuen Jahrzehnt als gemeinsames Projekt von Leserschaft, Autorinnen und Autoren, Herausgeberkreis und Redaktion weiterentwickeln. In einer Medienlandschaft, die - wie die politische Topographie - tiefgreifende Veränderungen durchmacht, sind die "Blätter" als politisch-wissenschaftliche Monatszeitschrift unverzichtbar. Sie stellen sich den neuen Wirklichkeiten ohne Wehleidigkeit und verfallen weder dem "Zeitgeist" noch dem Lamento derer, für die an allem eben dieser Zeitgeist oder alles mögliche, aber nie eigene Irrtümer und Fehler schuld sind. Wir wollen, ohne Tribut an die landesübliche Neigung, zu vergessen oder zu verdrängen, den Blick nach vorn richten.

D. Red. Köln, den 11. Dezember 1989.

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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