6.4. - N a h e r O s t e n. Die irakische Regierung akzeptiert in einer Note an die Vereinten Nationen die Resolution 687 (1991) des Sicherheitsrats (Auszüge in "Blätter", 5/1991, S. 636 ff.), die die Bedingungen für einen Waffenstillstand im Golfkrieg festlegt. In dem in Arabisch abgefaßten umfangreichen Brief werden diese Bedingungen als unfair und unrechtmäßig bezeichnet, der Irak habe jedoch keine andere Wahl, als die Resolution anzunehmen. Am 8.4. trifft der amerikanische Außenminister Baker zu weiteren Gesprächen mit der israelischen Regierung in Jerusalem ein (vgl. "Blätter", 5/1991, S. 516 f.). Nach einer Zusammenkunft mit Baker erklärt Außenminister Levy am 9.4., Israel sei bereit, an einer von den USA geleiteten regionalen Konferenz über eine Friedensordnung im Nahen Osten teilzunehmen, gegen eine Teilnahme der Sowjetunion an einer solchen Konferenz habe Israel nichts einzuwenden. - Am 9.4. beschließt der UN-Sicherheitsrat, zur Überwachung der irakisch-kuwaitischen entmilitarisierten Zone eine Beobachtertruppe der Vereinten Nationen (United Nations Iraq-Kuwait Observer Mission/UNIKOM) aufzustellen. Zu den 34 Staaten, die Personal für die 1440 Mann starke Truppe bereitstellen, gehören auch die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates. Befehlshaber ist Generalmajor Günther Greindl (Österreich). - Am 11.4. bestätigt der UN-Sicherheitsrat die irakische Note vom 6.4.; damit tritt der Waffenstillstand formell in Kraft. - Am 16.4. kündigt Präsident Bush auf einer Pressekonferenz in Washington die Entsendung amerikanischer Truppen in den Nordirak an, um dort Schutzzonen für Kurden zu errichten. An der Aktion werde sich auch Großbritannien und Frankreich beteiligen, die amerikanische Luftwaffe werde den Schutz der Flüchtlinge und der westlichen Einheiten übernehmen. Der Präsident spricht von einer rein humanitären Aktion, die keine Zersplitterung oder Destabilisierung des Irak bezwecke. Bush teilt mit, er habe vor seiner Entscheidung den britischen Premierminister Major, den französischen Staatspräsidenten Mitterrand, den türkischen Präsidenten Özal, Bundeskanzler Kohl und UN-Generalsekretär Perez de Cuellar konsultiert. - Am 18.4. einigen sich Vertreter der Vereinten Nationen und des Irak auf die Errichtung von Flüchtlingslagern für Kurden im Norden des Irak. Die Schaffung von Sicherheitszonen durch amerikanische, französische und britische Truppen wird jedoch von der Regierung in Bagdad heftig kritisiert und als Verletzung der eigenen Souveranität und territorialen Integrität bezeichnet. Die irakische Regierung unterrichtet am gleichen Tag das UN-Sekretariat in New York und die Internationale Atomenergie-Organisation in Wien über Standorte, Typen und Quantitäten ihrer ballistischen Raketen und chemischen Waffen, die entsprechend der Resolution 687 (1991) des Sicherheitsrates vernichtet werden müssen. In dem Schreiben heißt es, über atomare und biologische Waffen verfüge der Irak nicht. Die Einrichtungen zur zivilen Nutzung der Kernenergie seien durch Bombenangriffe weitgehend zerstört. - Am 3.5. beantragt die irakische Regierung in einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat einen Aufschub von fünf Jahren für den Beginn der Reparationszahlungen an Kuwait. Der Irak benötige für den Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Infrastruktur des Landes sowie für den Kauf von Lebensmitteln für diesen Zeitraum einen Betrag von 170 Mrd. Dollar, die Öleinnahmen beliefen sich jedoch auf nur etwa 20 Mrd. Dollar im Jahr. In Presseberichten heißt es, innerhalb des Sicherheitsrates gebe es unterschiedliche Vorstellungen über die Festsetzung der an Kuwait zu zahlenden irakischen Reparationen.
7.4. - A l b a n i e n. In einer Stichwahl. (zum ersten Wahlgang vgl. "Blätter", 5/1991, S. 518) wird über 19 noch offene Parlamentsmandate entschieden. Nach Auszählung der Stimmen heißt es in Tirana, die regierende Partei der Arbeit verfüge im künftigen Parlament über 169 von 250 Mandaten und damit über eine ZweiDrittel-Mehrheit; die oppositionelle Demokratische Partei sei mit 75 Abgeordneten vertreten. - Am 30.4. bestätigt das Parlament in geheimer Abstimmung den bisherigen Staatspräsidenten Ramiz Alia in seinem Amt. Alia legt am 4.5. den Vorsitz der Partei der Arbeit nieder.
8.4. - E G. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten treffen sich in Luxemburg, um die Lage im Nahen Osten zu erörtern und ihre Politik in dieser Region zu koordinieren. Zum Abschluß des Gipfeltreffens heißt es, der Schlüssel für eine dauerhafte Friedenslösung liege in der Palästinenserfrage. Bei künftigen Friedensverhandlungen müsse jede Seite die eigenen Vertreter bestimmen. Die Schaffung eines eigenen Palästinenserstaates dürfe nicht ausgeschlossen werden. - Am 15.4. wird auf einer Sitzung der EG-Außenminister in Luxemburg beschlossen, die Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika aus dem Jahre 1986 vollständig aufzuheben. Die Entscheidung betrifft vor allem Einfuhrverbote für Stahl- und Eisenproduktion sowie für Goldmünzen. Das von den Vereinten Nationen verhängte Waffenembargo soll in Kraft bleiben. Am 24.4. erklärt der französische Staatspräsident Mitterrand nach einem Treffen mit Bundeskanzler Kohl in Paris, in einem künftigen Vertrag über die Stärkung der Europäischen Gemeinschaften müsse "der Grundsatz einer gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik festgeschrieben" werden. Dazu gehöre eine Definition der Beziehungen zwischen der Westeuropäischen Union (WEU) und der Politischen Union, "ohne die Verbindungen mit der NATO zu schwächen".
10.4. - F r a n k r e i c h / P o l e n. Die Präsidenten Mitterrand und Walesa unterzeichnen in Paris einen Vertrag über Freundschaft und Solidarität zwischen beiden Ländern. In der französischen Hauptstadt heißt es dazu, der Vertrag werde als Beispiel für weitere bilaterale Abkommen zwischen den neuen Regierungen Osteuropas und den EG-Staaten angesehen.
11.4. - J u g o s l a w i e n. Die Präsidenten der sechs jugoslawischen Republiken Bosnien Herzogowina, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Slowenien beraten in der slowenischen Stadt Kranj erneut über die Staats- und Verfassungskrise (vgl. "Blätter", 5/1991, S. 517). Sloweniens Präsident Kucan wiederholt seinen Vorschlag, den jetzigen Staatsverband in souveräne Einzelstaaten aufzulösen. Erst danach könne erwogen werden, ob sich die Nachfolgestaaten in Teilbereichen wie der Wirtschaft, der Außenpolitik oder der Verteidigung wieder zu einer lockeren Organisation zusammenschließen sollten.
16.4. - I s r a e l / U d S S R. Der israelische Premierminister Schamir und der sowjetische Ministerpräsident Pawlow treffen zu einem vertraulichen Gespräch zusammen. Die Begegnung findet in der sowjetischen Botschaft in London statt. Die beiden Regierungschefs halten sich aus Anlaß der Eröffnung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (vgl. "Blätter", 7/1990, S. 774) in der britischen Hauptstadt auf.
16.-18.4. - J a p a n / U d S S R. Als erstes Staatsoberhaupt der Sowjetunion besucht Präsident Gorbatschow Japan. Der Präsident folgt einer Einladung von Kaiser Akihito. Zu den wichtigsten Gesprächsthemen mit Ministerpräsident Kaifu und anderen Mitgliedern der japanischen Regierung gehört der Status der zwischen beiden Staaten umstrittenen vier Kurilen-Inseln, deren Rückgabe Japan als Voraussetzung der Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen fordert. In einem gemeinsamen Kommuniqué wird die Existenz eines Territorialkonflikts festgestellt.
21.4. - R h e i n l a n d - P f a l z. Bei den Landtagswahlen verliert die Regierungskoalition von CDU und FDP unter Ministerpräsident Carl Ludwig Wagner ihre bisherige Mehrheit, die SPD unter ihrem Spitzenkandidaten Rudolf Scharping kann die CDU als stärkste Partei ablösen. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis entfallen (Angaben in %) auf die im Landtag vertretenen Parteien: SPD 44,8 (1987: 38,8), CDU 38,7 (45,1), FDP 6,9 (7,3), Grüne 6,4 (5,9); auf die Republikaner entfallen 2% der Stimmen. Die Wahlbeteiligung beträgt 73,9% (77,0%). Zusammensetzung des neuen Landtags (101 Abgeordnete, bisher 100 Abgeordnete): SPD 47 (40), CDU 40 (48), FDP 7 (7), Grüne 7 (5). (Zu den Ergebnissen der Wahl vom 17. Mai 1987 vgl. "Blätter", 2/1988, S. 254.) Der designierte Ministerpräsident Scharping erklärt noch in der Wahlnacht, die SPD werde sowohl mit der FDP, wie auch mit den Grünen Koalitionsverhandlungen führen.
23.4. - U d S S R. Präsident Gorbatschow und die Führer der neun Unionsrepubliken, die sich im März d.J. an dem Referendum über den Erhalt der UdSSR beteiligt hatten (vgl. "Blätter", 5/1991, S. 517), sprechen sich für gemeinsame Maßnahmen zur Überwindung der Wirtschaftskrise aus. In einem Appell, zu dessen Unterzeichnern auch der russische Parlamentspräsident Jelzin gehört, heißt es, die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung sei für die Stabilisierung der Lage von großer Bedeutung. Die "Streiks mit politischem oder wirtschaftlichem Hintergrund" müßten beendet werden. Für die nächste Zeit werden Entwürfe für einen neuen Unionsvertrag sowie für eine neue Verfassung der UdSSR angekündigt. - Vom 25.-26.4. tagt in Moskau das Zentralkomitee der KPdSU. Generalsekretär Gorbatschow ruft in seinem Eröffnungsreferat alle politischen Kräfte des Landes auf, angesichts der Krisensituation für einige Zeit die eigenen Ziele zurückzustellen und gemeinsame Standpunkte zu erarbeiten. Das Zentralkomitee lehnt es mit 322 gegen 13 Stimmen bei 14 Enthaltungen ab, die Forderung nach Rücktritt Gorbatschows vom Amt des Generalsekretärs auf die Tagesordnung zu setzen.
- B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t. Der erste Senat des Gerichts bestätigt in einem Urteil die Fortgeltung der Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands in den Jahren 1945 bis 1949 (vgl. "Blätter", 11/1990, S. 1393). Entsprechende Klagen, mit denen eine Aufhebung dieser Enteignungen erreicht werden sollte, werden in Karlsruhe zurückgewiesen.
24.4. - I r a k. Präsident Saddam Hussein konferiert in Bagdad mit einer Delegation der kurdischen Minderheit unter Führung von Jalal Talabani, dem Führer der Patriotischen Union Kurdistans. Talabani erklärt später vor der Presse, man habe sich auf ein Abkommen geeinigt, das eine Autonomie für die Kurden, "das Prinzip der Demokratie" im Irak, den Grundsatz der Pressefreiheit sowie das Recht der Kurden auf Rückkehr in ihre Städte und Dörfer anerkenne.
26.4. - K a m b o d s c h a. Die vier Bürgerkriegsparteien stimmen einer vorläufigen Feuereinstellung zu. Die Einigung kommt durch Vermittlung der thailändischen Regierung auf einer Zusammenkunft in Bangkok zustande. Die Feuerpause soll vom 1.5. an zunächst bis zu einer weiteren Verhandlungsrunde in Jakarta (Indonesien) Ende des kommenden Monats gelten.
26.-28.4. - D i e G r ü n e n. Die 13. Bundesversammlung berät in Neumünster über die Konsequenzen der Wahlniederlage vom Dezember v.J. (vgl. "Blätter", 1/1991, S. 6) und wählt eine neue Führungsspitze. Im Mittelpunkt der kontroversen Debatte steht die künftige Parteistruktur. Es wird beschlossen, das Rotationsprinzip abzuschaffen, an die Stelle des Bundeshauptausschusses soll ein "Länderrat" treten. Zu gleichberechtigten Sprechern werden Christine Weiske (Ostdeutschland) und Ludger Volmer (Westdeutschland) gewählt. In einer "Erklärung von Neumünster" bezeichnen sich die Grünen als eine Partei, die "bei aller Einsicht in die Notwendigkeit kleinster Schritte weitreichende Problemlösungen anbietet, die nicht vor den bestehenden Macht-, Herrschafts- und wirtschaftlichen Interessenstrukturen haltmachen".
1.5. - A n g o l a. Vertreter der Regierung und der Widerstandsorganisation UNITA ("Uniao para a Independencia Total de Angola") paraphieren ein Abkommen über die Beendigung des seit 16 Jahren andauernden Bürgerkrieges. Die Paraphierung findet in Anwesenheit eines Vertreters der Regierung Portugals in dem portugiesischen Küstenort Estoril in der Nähe von Lissabon statt. Das Abkommen sieht eine Waffenruhe ab Mitte Mai sowie einen offiziellen Waffenstillstand ab Ende Mai d.J. vor. Zwischen Anfang September und Ende November 1992 sollen in Angola die ersten Wahlen unter Beteiligung mehrerer Parteien stattfinden. Zur Überwachung des Waffenstillstands wird eine politisch-militärische Kommission gebildet, in der die Vertragspartner, Portugal sowie die USA und die Sowjetunion vertreten sind. An der Kontrolle der vorgesehenen Entwaffnung der Streitkrafte und der praktischen Durchführung der Wahlen sollen auch die Vereinten Nationen beteiligt werden. In einer gesonderten Vereinbarung verpflichten sich die USA und die UdSSR, ihre Waffenlieferungen an die UNITA bzw. an die Regierung Angola einzustellen.
3.5. - F i n n l a n d. Vor dem Auswärtigen Ausschuß tritt die Regierung Spekulationen entgegen, Finnland werde in Kürze den Antrag auf Aufnahme in die Europäischen Gemeinschaften (EG) stellen. Als Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) konzentriere sich Finnland vielmehr auf den Abschluß eines Abkommens zwischen EFTA und EG über einen Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).