Ausgabe Januar 1993

Ergebnisse der Verhandlungen zwischen den Fraktionen von CDU/CSU, FDP und SPD zu Asyl und Zuwanderung vom 6. Dezember 1992

Nach mehreren Verhandlungsrunden einigten sich Vertreter von CDU/CSU, FDP und SPD am 6. Dezember 1992 in der baden-württembergischen Landesvertretung in Bonn auf den nachstehend dokumentierten Katalog von Maßnahmen auf dem Feld der Asyl- und Einwanderungspolitik. Die im Mittelpunkt der Vereinbarungen stehende avisierte Änderung des Grundgesetz-Artikels 16 sieht vor, Asylrecht denen vorzuenthalten, die aus einem EG-Mitgliedstaat bzw. aus Ländern einreisen, in dem die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. der Europäischen Menschenrechtskonvention „sichergestellt" ist. Zu den „sicheren Drittstaaten" zählen dabei laut Parteienübereinkunft alle bundesdeutschen Nachbarstaaten, die nicht der EG angehören, also Polen, die CSFR, Österreich und die Schweiz. Faktisch bedeutet dies, daß denjenigen Flüchtlingen, die auf dem Landweg die Bundesrepublik erreichen, Asyl von vornherein verweigert wird. „Der neue Artikel 16a Grundgesetz muß als die verklausulierte Umschreibung eines bitteren Satzes gelesen werden: Politisch Verfolgte genießen Asylrecht- aber nicht in Deutschland", so der zusammenfassende Kommentar von Heribert Prantl in der „Süddeutschen Zeitung" (8. 12. 1992).

Auch jenseits der Tatsache, daß die SPD-Parteitagsdelegierten bei ihren jüngsten Beschlüssen wohl kaum von derartig tiefgreifenden Einschnitten beim Asylrecht ausgehen konnten, ist die sozialdemokratische Verhandlungsbilanz wenig positiv. Aus dem Petersberger Asyl- und Einwanderungs„paket" der SPD (vgl. „Blätter", 10/1992, S. 1181) ist die Vereinbarung übernommen, Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Asylverfahren auszukoppeln und ihnen einen eigenen Status zu geben. Das von der SPD geforderte Einwanderungsgesetz wird erwähnt - ohne jede Konkretion und Verbindlichkeit. Die Forderung, Doppelstaatsangehörigkeiten zuzulassen, taucht überhaupt nicht auf; die Aussiedlerzahlen werden entgegen den SPD-Intentionen auf dem hohen Niveau der Jahre 1991 und 1992 festgeschrieben. Die „Blätter" werden sich mit dem „Asylkompromiß" und den Folgen in der kommenden Ausgabe ausführlich auseinandersetzen. D.Red.

1. Die Fraktionen stimmen überein, daß
- die Zuwanderung nach Deutschland begrenzt und gesteuert werden muß sowie
- der Mißbrauch des Asylrechtes verhindert und der Schutz tatsächlich politisch Verfolgter gewährleistet werden müssen.
2. Damit soll zugleich ein versöhnendes Signal gesetzt werden, denn Deutschland ist ein weltoffenes, tolerantes Land, und das soll so bleiben.
3. Wie jeder andere Staat, muß auch Deutschland Zuwanderung steuern und begrenzen können. Ohne eine solche Möglichkeit werden Ängste und Unsicherheiten verstärkt, die für den inneren Frieden schädlich sind.
4. Wir brauchen aber auch ein System von Hilfen, das Fluchtursachen bekämpft und den Menschen ein Verbleiben in ihrer Heimat ermöglicht.
5. Wir wollen eine gemeinsame europäische Politik, die Fluchtursachen bekämpft und Asyl und Zuwanderung regelt. [...]

 

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