6.8. - J u g o s l a w i e n. Der amerikanische Außenminister Cristopher bezeichnet den NATO-Luftschlag gegen Stellungen der bosnischen Serben vom Vortag (vgl. "Blätter", 9/1994, S. 1032) als einen "guten Schritt nach vorn". Die USA würden sich auch künftig für eine strengere Durchsetzung des Verbots schwerer Waffen in der 20-km-Zone um Sarajewo einsetzen. Mit den Bombenabwürfen solle der Druck auf die bosnischen Serben aufrechterhalten werden, damit diese den internationalen Friedensplan akzeptierten. In Moskau erklärt ein Sprecher des Außenministeriums, Luftangriffe seien zwar nicht das beste Mittel, doch hätten die bosnischen Serben die Schläge durch ihr Handeln provoziert. - Am 18.8. fordert die Versammlung der bosnischen Serben in Pale die Vereinigung aller serbisch kontrollierten Gebiete zu einem neuen "Groß-Serbien". An die Regierung in Belgrad wird "im Namen des serbischen Volkes" appelliert, diese Vereinigung zu unterstützen. - Am 25.8. setzt sich der russische Außenminister Kosyrew für harte Sanktionen gegen die bosnischen Serben ein. Die Regierung in Belgrad müsse dagegen für die Annahme des Friedensplans der Kontaktgruppe durch die schrittweise Aufhebung des Embargos belohnt werden. - Am 27. und 28.8. findet in den von den Serben kontrollierten Gebieten Bosniens ein Referendum statt. In Pale heißt es anschließend, der Friedensplan der Kontaktgruppe und die damit verbundene Landkarte sei bei einer Stimmbeteiligung von mehr als 90% mit überwältigender Mehrheit abgelehnt worden.
8.8. - N a h e r O s t e n. Nach fast einem halben Jahrhundert des Kriegszustandes (vgl. "Blätter", 9/1994, S. 1032 f.) eröffnen der israelische Ministerpräsident Rabin und der jordanische Kronprinz Hassan im Beisein des amerikanischen Außenministers Christopher den ersten direkten Grenzübergang zwischen Israel und Jordanien. Gleichzeitig wird in Jerusalem ein Brief von US-Präsident Clinton veröffentlicht, der an die führenden Geberländer appelliert, Jordanien von seinen Schulden zu entlasten. Damit könne die internationale Unterstützung des Friedensprozesses im Nahen Osten demonstriert werden. Jordanien und Israel einigen sich nach Expertengesprächen am 9.8., ihre gemeinsame Grenze auf der Grundlage einer Karte des Völkerbundes aus dem Jahre 1928 festzulegen und so das größte Hindernis für einen Friedensvertrag auszuräumen. - Am 10.8. erörtern der PLO-Vorsitzende Arafat und Ministerpräsident Rabin beim Grenzübergang Erez eine Erweiterung der palästinensischen Autonomiebefugnisse. Rabin protestiert bei Arafat gegen Äußerungen des führenden PLO-Politikers Farouk Kaddumi, der in einer Rundfunkansprache zur Zerstörung Israels aufgerufen hatte. - Am 26.8. trifft der russische Nahostbeauftragte Viktor Posuwaliuk in Israel mit Ministerpräsident Rabin zusammen. Der Diplomat erklärt bei dieser Gelegenheit, im Hinblick auf die besonderen russischen Bindungen an die heiligen Stätten verlange Rußland eine Beteiligung an den Gesprächen über die Zukunft Jerusalems. - Am 31.8. setzt sich der ägyptische Außenminister Musa bei einem Treffen mit Rabin in Jerusalem für einen kernwaffenfreien Nahen Osten ein. Die Länder der Region brauchten zur Verteidigung keine Massenvernichtungswaffen.
U k r a i n e. Der neue Präsident Kutschma (vgl. "Blätter", 9/1994, S. 1034) unterstellt die Regionalräte des Landes seiner direkten Kontrolle. in einem Dekret heißt es, der Präsident bestimme künftig "die großen Linien der Regierungspolitik und die vorrangig zu lösenden Probleme".
10.8. - N i e d e r l a n d e. Die sozialdemokratische Partei der Arbeit (PvdA), die seit den Parlamentswahlen vom Mai d.J. die stärkste Fraktion in der Zweiten Kammer stellt (vgl. "Blätter", 6/1994, S. 650), geht nach längeren Verhandlungen eine Koalition mit den beiden liberalen Parteien VVD und D '66 ein. Premierminister wird der bisherige Finanzminister Wim Kok (PvdA). Die Christdemokraten sind erstmals seit 1918 nicht mehr im Kabinett vertreten.
11.8. - K u b a / U S A. Präsidient Fidel Castro fordert die amerikanische Regierung in einer über Rundfunk und Fernsehen verbreiteten Ansprache zu ernsthaften Verhandlungen auf, um die durch "illegale Ausreisen" aus Kuba entstandene Krise zwischen den beiden Staaten zu beenden. Washington müsse seine Politik zur Zerstörung der kubanischen Revolution aufgeben, die Wirtschaftsblockade aufheben und die "Aufforderungen zu Terrorismus und Kriminalität" einstellen. Sollte es zu einem erneuten Massenexodus von Kubanern kommen, so liege die alleinige Schuld dafür bei den USA. - Am 18.8. erläßt die amerikanische Regierung neue Einwanderungsbestimmungen für Flüchtlinge aus Kuba: Flüchtlinge ohne gültiges Visum sollen mit sofortiger Wirkung in Auffanglagern festgehalten werden. Später heißt es in Washington, der US-Stützpunkt Guantanamo an der Südspitze Kubas werde für die Aufnahme von 40 000 Flüchtlingen vorbereitet. - Am 20.8. ordnet Präsident Clinton eine Verschärfung der Sanktionen gegen Kuba an, Betroffen davon sind der Devisentransfer sowie Geschenksendungen aus den USA an Familienangehörige auf Kuba. Am 25.8. stimmt Präsident Clinton der Aufnahme von Verhandlungen mit Kuba über Einwanderungsfragen zu, lehnt aber den von Castro geforderten umfassenden Dialog ab. Die amerikanisch-kubanischen Verhandlungen auf diplomatischer Ebene beginnen am 1.9. am Sitz der Vereinten Nationen in New York.
12.8. - K o r e a / U S A. Der stellvertretende nordkoreanische Außenminister Kang Sok Ju und sein amerikanischer Kollege Gallucci treten nach einer Gesprächsrunde in Genf (vgl. "Blätter", 9/1994, S. 1033) mit einer gemeinsamen Erklärung vor die Presse. Darin befürworten beide Seiten eine Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen und bekunden die grundsätzliche Bereitschaft zur Errichtung diplomatischer Vertretung und zum Abbau der Handelsschranken. Weiter heißt es, Nordkorea werde bis auf weiteres sein Atomprogramm einfrieren und die Bestimmungen des Kernwaffensperrvertrages einhalten. - Am 17.8. heißt es nach einem Telefongespräch zwischen Präsident Clinton und dem südkoreanischen Staatspräsidenten Kim Young Sam, Nordkorea könne erst nach einer gründlichen Inspektion zweier verdächtiger Atomanlagen in Yongbyon durch die Internationale AtomenergieOrganisation (IAEO) mit der gewünschten Unterstützung beim Einsatz von Leichtwasserreaktoren rechnen. - Am 20.8. verweigert Nordkorea erneut die Inspektion der beiden betroffenen Anlagen (vgl. "Blätter", 6/1994, S. 649). Ein Regierungssprecher erklärt dazu in Pjöngjang, man werde die Souveränität nicht als Preis für Leichtwasserreaktoren aufs Spiel setzen.
21.8. - M e x i k o. Bei den Wahlen um die Präsidentschaft bewerben sich Kandidaten der seit 1929 regierenden Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI), der Partei der Nationalen Aktion (PAN) sowie der Partei des Demokratischen Revolution (PRD). Der Kandidat der Regierungspartei PRI, Ernesto Zedillo, wird am 28.8. offiziell zum Sieger erklärt. Das amtliche Endergebnis gibt seinen Anteil mit 50,2% der gültigen oder 48,8% der abgegebenen Stimmen an. Internationale Beobachter sprechen von erheblichen, qualitativen Mängeln des Wahlgangs, die jedoch für das Resultat nur von geringer Bedeutung sein könnten. Einer der unterlegenen Kandidaten, der Linkspolitiker Cuauhtemoc Cardenas (PRD), dessen Stimmenanteil mit 17,1 (16,7)% angegeben wird, kündigt eine "intensive Protestkampagne" wegen massiven Wahlbetrugs an und verlangt neue gesetzliche Regelungen für Wahlkampfspenden und den Zugang der Bewerber zu den Medien.
23.8. - A l b a n i e n / G r i e c h e n l a n d. Der albanische Verteidigungsminister Safet Zhulah richtet einen Brief an die NATO-Zentrale in Brüssel und beschuldigt darin die griechische Regierung, eine militärische Intervention zu planen; Griechenland habe seine Streitkräfte entlang der gemeinsamen Grenze verstärkt. Der griechische Verteidigungsminister Arsenis weist die Behauptung zurück, er habe mit einer Militärintervention gegen Albanien gedroht. In Presseberichten heißt es, die Zuspitzung des Streits stehe im Zusammenhang mit Problemen um die griechischstämmige Minderheit in Albanien, deren Zahl von Athen mit 300 000, von Tirana mit 60 000 angegeben wird.
24.8. - P a k i s t a n. Der ehemalige Premierminister Nawaz Shailf behauptet in einer im pakistanisch verwalteten Teil von Kaschmir gehaltenen Rede, sein Land sei im Besitz von Atomwaffen. Die amtierende Regierung in Islamabad weist die Äußerungen Sharifs zurück. Pakistan verzichte auf den Bau von Atomwaffen, obwohl es dazu technisch in der Lage sei.
T ü r k e i. Die Regierung untersagt ausländischen Parlamentarierdelegationen direkte Gespräche mit Staatsanwälten und Rechtem im Zusammenhang mit Untersuchungen über die Verletzung von Menschenrechten in der Türkei. Die Zeitung, "Hürriyet" berichtet, von der Anordnung sei als erster der Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Miguel Martinez (Spanien), betroffen.
25.8. - B u n d e s w e h r. Bundeskanzler Kohl empfängt Generalinspekteur Naumann und 30 Kommandeure aller Teilstreitkräfte sowie Kommandeure wichtiger Ausbildungseinrichtungen zu einem Gespräch. In einer Mitteilung des Bundespresseamtes heißt es u.a.: Der Bundeskanzler ließ keinen Zweifel daran, daß Deutschland auch in Zukunft gut ausgerüstete und ausgebildete Streitkräfte brauche. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet ergänzend, Kohl habe "der Bundeswehr zugesagt, daß es weitere Einsparungen bei den Streitkräften nicht mehr geben werde". Die für 1995 angesetzten Ausgaben von knapp 48 Mrd. DM sollten "auch in den darauffolgenden Jahren als feste Planungsgröße erhalten bleiben".
26.8. - G r o ß b r i t a n n i e n / I r l a n d. Der frühere amerikanische Kongreßabgeordnete Bruce Morrison äußert sich nach einem Gespräch mit der Führung der Partei Sinn Fein in Belfast optimistisch über die Chancen für einen Friedensprozeß in Nordirland (vgl. "Blätter", 9/1994, S. 1034). Am 31.8. kündigt der "Armeerat" der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) die "völlige Einstellung der militärischen Operationen ab 31. August um Mitternacht" an, "um den demokratischen Friedensprozeß voranzubringen".
30.8. - F r a n k r e i c h / B R D. Premierminister Balladur äußert sich in der Pariser Tageszeitung, "Le Figaro" zur Zukunft der europäischen Integration. Auf die Frage, ob "man sich Europa in Form von drei Kreisen vorstellen müsse, die jeder eine bestimmte Anzahl von Staaten umfassen", antwortet Balladur u.a.: "Eine kleinere Anzahl von Mitgliedsländern der Europäischen Union müssen miteinander eine auf währungspolitischer und militärpolitischer Ebene stärker strukturierte Organisation aufbauen. Der Weg dorthin ist schon beschritten, auf Initiative Frankreichs und Deutschlands. Natürlich sollten alle Mitgliedstaaten dazu eingeladen werden, aber es ist wenig wahrscheinlich, daß alle gleichzeitig positiv darauf eingehen können." - Am 1.9. legt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Bonn ein außenpolitisches Thesenpapier vor ("Überlegungen zur europäischen Politik"; Text in "Dokumente zum Zeitgeschehen"), das in fast allen europäischen Hauptstädten auf Kritik stößt.
31.8. - B R D / R u ß l a n d. Bundeskanzler Kohl und Präsident Jelzin verabschieden in Berlin die letzten russischen Truppen. Der Befehlshaber der Westgruppe, Generaloberst Burlakow, meldet den beiden Politikern auf dem Gendarmenmarkt die Erfüllung des Abzugsvertrages vom 12. Oktober 1990 (vgl. "Blätter", 12/1990, S. 1418 f.). An einem Festakt im Schauspielhaus nehmen Bundespräsident Herzog, die Außenminister Kinkel und Kosyrew sowie die Verteidigungsminister Rühe und Gratschow teil. Kohl und Jelzin, die an den Gedenkstätten für gefallene Sowjetsoldaten gemeinsam Kränze niederlegen, bezeichnen den Abzug in ihren Reden als Schlußpunkt in der Nachkriegsgeschichte Europas und als den Beginn einer neuen Epoche in den Beziehungen beider Länder (vgl. "Dokumente zum Zeitgeschehen").
B a l t i k u m. Mit dem Rückzug der letzten Einheiten der ehemaligen Sowjetarmee aus Estland und Lettland endet die russische Militärpräsenz in den drei baltischen Staaten. Am 1.9. unterzeichnen Bundesverteidigungsminister Rühe und der litauische Verteidigungsminister Linkevicius in Bonn ein Abkommen über bilaterale Zusammenarbeit.
3.9. - R u ß l a n d / C h i n a. Die Präsidenten Jelzin und Jiang Zemin vereinbaren in Moskau eine Grundsatzerklärung, die beide Regierungen zu konstruktiver Partnerschaft verpflichtet.