SPD-Führung im partizipatorischen Zeitalter
Einer der auffälligsten Aspekte bei der Entwicklung der SPD seit dem Verlust der Regierungsmacht in Bonn ist die Instabilität ihrer Führungsstruktur auf Bundesebene. Dies gilt in ganz besonderer Weise für die beiden prestigeträchtigen und eng miteinander verknüpften Funktionen des Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten, aber auch für das Amt des Bundesgeschäftsführers und mit Einschränkungen für den Fraktionsvorsitz im Bundestag. In schneller Abfolge durchlief eine ganze Reihe von Spitzengenossen diese Führungspositionen. Innerhalb der letzten zehn Jahre hatte die SPD mehr Parteivorsitzende als in der gesamten Nachkriegszeit. Seit 1983 traten die Sozialdemokraten bei jeder Bundestagswahl mit einem anderen Kanzlerkandidaten an. Auch bei dem für das Innenleben der Partei so ausschlaggebenden Amt des Bundesgeschäftsführers gaben sich während des letzten Jahrzehnts fünf Inhaber gewissermaßen die Klinke in die Hand.
Häufig wechselte auch die Führung der Bundestagsfraktion. Nach der 13jährigen Zuchtmeisterschaft Herbert Wehners lösten ab 1983 immerhin drei Vorsitzende einander ab. Die öffentliche Diskussion hat diesen bunten Reigen zumeist in Begriffen der Personen- und Ereignisgeschichte interpretiert.