1.5. - G r o ß b r i t a n n i e n. Die Labour Party gewinnt die Parlamentswahlen und kann die Konservativen als Regierungspartei ablösen. Von den 659 Unterhaussitzen erhält Labour 418 Sitze (43,1% der Stimmen), auf die Konservativen entfallen 165 Sitze (30,6%), an dritter Stelle folgen die Liberaldemokraten mit 46 Sitzen (16,7%). Die Labour Party verfügt damit über die größte Unterhausmehrheit ihrer Geschichte. Premierminister John Major tritt zurück und gibt auch die Führung der Konservativen ab. Der bisherige Oppositionsführer Tony Blair wird neuer Regierungschef, das Außenministerium übernimmt Robin Cook. - Am 14.5. legt die Regierung in der von Königin Elisabeth II. zur Parlamentseröffnung verlesenen Thronrede ihr Programm vor (Text in "Dokumente zum Zeitgeschehen"). - Am 16.5. bietet Blair während eines Besuches in Nordirland der Sinn-Fein-Partei Kontakte auf Beamtenebene an. Voraussetzung dafür sei daß die Lage ruhig bleibe und die IRA auf weitere Anschläge verzichte. Eine Delegation der Sinn Fein unter Leitung des Unterhausabgeordneten McGuinness verhandelt am 21.5. in der irischen Hauptstadt Dublin mit leitenden Beamten des britischen Nordirlandministeriums. - Am 28.5. teilt der neue Verteidigungsminister George Robertson in London Einzelheiten der nach seinem Amtsantritt vorgenommenen "Strategischen Verteidigungsüberprüfung" mit. Der Minister befürwortet "eine richtig organisierte und starke Rüstungsindustrie" und erklärt: "Wir werden starke konventionelle Streitkräfte behalten sowie unsere nationale nukleare Abschreckungsfähigkeit." In einer Mitteilung für die Presse heißt es: "Die neue britische Regierung hat bekräftigt, daß sie dem Eurofighter-Programm ihre volle Unterstützung gibt und die Flugzeuge in den Stückzahlen und gemäß den Bedingungen bestellen wird, die die vorangegangene Regierung festgelegt hat."
- I r a n / B R D. Die iranische Regierung bezeichnet den deutschen Botschafter, der sich zur Berichterstattung in Bonn aufhält (vgl. "Blätter", 6/1997, S. 645), als in Teheran "unerwünscht". Bundesaußenminister Kinkel spricht von einer "unangemessenen Reaktion" der iranischen Führung, die im Zusammenhang mit den bevorstehenden Präsidentenwahlen stehe.
4.5. - Z a i r e - K o n g o. Auf dem südafrikanischen Kriegsschiff "Outiniqua", das in internationalen Gewässern vor der kongolesischen Hafenstadt Pointe Noire ankert, kommt es zu einem Treffen zwischen Präsident Mobutu Sese Seko und dem Führer der Allianz Demokratischer Kräfte zur Befreiung Kongo-Zaires (Alliance des forces démocratiques pour la libération du ConpoZaire/AFDL), Laurent Désiré Kabila (vgl. "Blätter", 6/1997, S. 644). Gastgeber ist Südafrikas Präsident Mandela. In Presseberichten heißt es, Mobutu sei bereit, die Staatsführung an eine Übergangsregierung abzugeben. Eine zunächst angekündigte weitere Begegnung zwischen Mobutu und Kabila kommt nicht mehr zustande. Der Präsident kehrt vorübergehend nach Kinshasa zurück (10.-16.5.) und verläßt nach einem Zwischenaufenthalt in seinem Palast in Gbadolite im Norden Zaires endgültig das Land. Über ein ständiges Exil wird nichts bekannt. Die Truppen der Allianz rücken am 17.5. in der Hauptstadt Kinshasa ein. Kabila legt am 29.5. den Amtseid als neuer Präsident der "Demokratischen Republik Kongo" ab und kündigt bei dieser Gelegenheit die Ausarbeitung einer neuen Verfassung für das nächste Jahr und die Abhaltung allgemeiner demokratischer Wahlen für April 1999 an. An der Amtseinführung in einem Stadion von Kinshasa nehmen die Präsidenten von fünf afrikanischen Nachbarstaaten teil.
6.5. - A b r ü s t u n g. UN-Generalsekretär Kofi Annan eröffnet in der niederländischen Hauptstadt Den Haag die erste Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über das Verbot und die Vernichtung chemischer Waffen, die sich nach Inkrafttreten des Übereinkommens (vgl. "Blätter", 6/1997, S. 646) vor allem mit dem Aufbau einer Kontroll-Organisation befaßt. Rußland, das noch nicht ratifiziert hat, kann an der Konferenz (6.-24.5) nur als Beobachter ohne Stimmrecht teilnehmen. - Am 7.5. kündigen die Regierungen der Bundesrepublik, Frankreichs und Großbritanniens in einer gemeinsamen Erklärung die Absicht an, "ihre enge Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle und Abrüstung zu intensivieren". "Besondere Priorität" habe der "Abschluß einer wirksamen, rechtsverbindlichen internationalen Übereinkunft über das weltweite Verbot des Einsatzes, der Lagerung, Herstellung und Weitergabe von Antipersonenminen". - Am 15.5. beginnt in Genf eine neue Runde der Abrüstungskonferenz (vgl. "Blätter", 5/1997, S. 518). Während die USA die umgehende Aufnahme von Verhandlungen zum Verbot von Antipersonenminen und für ein Verbot der Herstellung von waffenfähigem spaltbarem Material fordern, verlangt Ägypten die Einsetzung eines Unterausschusses für eine umfassende nukleare Abrüstung.
- E u r o p a r a t. Auf seinem 100. Treffen seit Gründung der Organisation (5. Mai 1949) befaßt sich das Ministerkomitee in Straßburg mit der Ausweitung des Kontroll- und Beobachtungssystems zur Einhaltung der Menschenrechte in den 40 Mitgliedstaaten. Ein von Finnland und Schweden eingebrachter Vorschlag sieht vor, einen Sonderbeauftragten zu ernennen, der bereits präventiv tätig werden soll, um mögliche Verfahren vor dem Gerichtshof für Menschenrechte zu vermeiden.
- S c h w e d e n. Innenminister Jörgen Andersson spricht sich gegenüber dem in Stockholm weilenden österreichischen Nationalratspräsidenten Heinz Fischer (SPÖ) gegen den Beitritt seines Landes zur NATO aus. Schweden werde jedoch weiterhin am NATO-Programm "Partnerschaft für den Frieden" teilnehmen.
7.5. - J u g o s l a w i e n. Das Tribunal der Vereinten Nationen zur Untersuchung von Kriegsverbrechen auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien verurteilt in Den Haag den bosnischen Serben Dusan Tadic wegen Folter, Mißhandlung und Beihilfe zum Mord; ein Strafmaß wird noch nicht festgelegt. In 20 der 31 Anklagepunkte erfolgt Freispruch.
11.5. - T a d s c h i k i s t a n. In der Hauptstadt Duschanbe findet das erste Treffen der Präsidenten der persischsprachigen Länder Zentralasiens statt. Teilnehmer sind die Präsidenten Rabbani (Afghanistan), Rafsanjani (Iran) und Gastgeber Rachmanow (Tadschikistan). In Presseberichten heißt es, es sei der Grundstein für eine Allianz der drei Länder gelegt worden. Präsident Rafsanjani erklärt in einem Zeitungsinterview, der Iran und Tadschikistan seien bereit, "Afghanistans legitime Regierung" im innerafghanischen Bürgerkrieg zu unterstützen: "Zur Zeit repräsentiert Rabbani die legitime Regierung des Landes in der UNO und anderen internationalen Organisationen."
12.5. - R u ß l a n d. Der russische Präsident Jelzin und der tschetschenische Präsident Maschadow unterzeichnen im Kreml einen Friedensvertrag, in dem sich beide Seiten verpflichten, künftig auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten. Der Vertrag enthält keine Aussagen über den endgültigen Status der Republik Tschetschenien innerhalb der Russischen Föderation. Präsident Jelzin erklärt, man habe den Schlußstrich unter einen "400 Jahre währenden Krieg" gezogen. Die russische Nachrichtenagentur Itar Tass meldet am 16.5., Maschadow habe die Auflösung der bewaffneten Gruppen in der Kaukasusrepublik angeordnet. Nur die Nationalgarde und die Garde des Präsidenten sollten bestehen bleiben. - Am 22.5. entläßt Jelzin überraschend Verteidigungsminister Igor Rodionow (zum Amtsantritt vgl. "Blätter", 9/1996, S. 1028) und begründet seine Entscheidung mit dem Satz: "Ich bin nicht nur unzufrieden, sondern empört über den Zustand der Streitkräfte." Neuer Verteidigungsminister wird Armeegeneral Igor Sergejew, bisher Oberkommandierender der strategischen Raketenstreitkräfte.
13.5. - W E U. Die Außen- und Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten kommen in Paris zusammen. Die Vertreter Großbritanniens, Außenminister Cook und Verteidigungsminister Robertson, wenden sich vor der Presse gegen Pläne, die Westeuropäische Union (WEU) in die Europäische Union (EU) einzugliedern. Eine solche Entwicklung würde "zu großen Komplikationen für die unterschiedlichen Mitgliedschaften führen.
- U S A / R u ß l a n d. Der russische Verteidigungsminister Rodionow vereinbart mit seinem amerikanischen Amtskollegen Cohen in Washington die Einsetzung gemeinsamer Arbeitsgruppen zu den Themen Raketenabwehr, Friedensüberwachung und Reform der russischen Streitkräfte. Cohen teilt mit, das Pentagon habe der Firma Lockheed einen Auftrag in Höhe von 52 Mill. Dollar erteilt, um in Rußland eine Anlage zur Entsorgung von Raketentreibstoff und zur Zerstörung von Raketen zu errichten.
14.5. - N A T O. Generalsekretär Solana und der russische Außenminister Primakow einigen sich nach sechs Verhandlungsrunden (vgl. "Blätter", 5/1997, S. 517) in Moskau auf den Text einer "Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der Nordatlantikvertrags-Organisation und der Russischen Föderation". Die "Grundakte" (Text in "Dokumente zum Zeitgeschehen") wird am 16.5. vom Nordatlantikrat in Brüssel gebilligt und am 27.5. in Paris von den Staats- bzw. Regierungschefs der 16 NATO-Mitglieder und vom russischen Präsidenten Jelzin unterzeichnet. Vorgesehen ist u.a. die Einsetzung eines Konsultationsorgans ("Ständiger Gemeinsamer NATO-Rußland-Rat"), der monatlich auf der Ebene der Botschafter/Ständigen Vertreter sowie zweimal jährlich auf der Ebene der Außenminister und auf der Ebene der Verteidigungsminister tagen soll. Präsident Jelzin teilt nach der Unterzeichnung mit, er habe Anweisung gegeben, die Zielcodes der auf NATO-Staaten gerichteten russischen Raketen zu entfernen. - Am 29.5. halten die NATO-Außenminister in Sintra (Portugal) ihr Frühjahrstreffen ab, dem sich eine Sitzung des NATO-Kooperationsrates anschließt. Es wird beschlossen, den 1991 gegründeten Kooperationsrat in ein neues Gremium, den Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat (Euro-Atlantic Partnership Council/EAPC), zu überführen, der künftig die Aktivitäten innerhalb des NATO-Programms "Partnerschaft für den Frieden" koordinieren soll.
- T ü r k e i / I r a k. Die türkische Armee dringt erneut in den Nordirak ein, um Stellungen der Kurden anzugreifen (vgl. "Blätter", 5/1995, S. 518). In Presseberichten aus Ankara heißt es, an der Operation seien rund 3000 Soldaten mit Panzer und Artillerie beteiligt. Später wird auch der Einsatz der Luftwaffe gemeldet. Die Regierung in Bagdad protestiert gegen die Grenzverletzung und erhält dabei diplomatische Unterstützung der Arabischen Liga. 21.5. - U k r a i n e / P o l e n. Der ukrainische Präsident Kutschma und der polnische Präsident Kwasniewski unterzeichnen in Kiew ein gemeinsames Dokument, das in Presseberichten als "Aussöhnungs-Erklärung" bezeichnet wird. Im Hinblick auf die wechselvolle gemeinsame Geschichte heißt es darin: "Erinnern wir uns am Ende des 20. Jahrhunderts der Vergangenheit, doch denken wir an die Zukunft." Polen war das erste Land, das nach dem Zerfall der Sowjetunion im Jahre 1991 die Unabhängigkeit der Ukraine anerkannt hatte.
23.5. - I r a n. Der ehemalige Kulturminister Mohamed Khatami wird zum neuen Präsidenten gewählt. Nach Angaben des Innenministeriums in Teheran erhält Khatami mehr als 20 Mio. der über 29 Mio. abgegebenen Stimmen. Der amtierende Präsident Rafsanjani konnte nach geltendem Recht nicht erneut kandidieren.
25.5. - F r a n k r e i c h. Beim ersten Wahlgang der vorgezogenen Parlamentswahlen (vgl. "Blätter", 6/1997, S. 646) erzielt das Linksbündnis einen leichten Stimmenvorsprung vor den Regierungsparteien. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis entfallen auf die Sozialisten (PS) 23,5%, auf die Kommunisten (PCF) 9,9% und auf die verschiedenen grünen Parteien 6,8% der Stimmen; auf die Sammlungsbewegung (RPR) entfallen 15,7%, auf die Union für die Französische Demokratie (UDF) 14,2%. Die Nationale Front (FN) erhält landesweit 14,9%. Die Entscheidung über die Zusammensetzung des Parlaments fällt am 1. Juni d.J. im zweiten Wahlgang.
- P o l e n. Die Bevölkerung stimmt in einem Referendum dem Entwurf einer neuen Verfassung zu. Der Text, der die im Jahre 1989 modifizierte Verfassung von 1952 ersetzen soll, wird mit 57% Jagegen 43% Nein-Stimmen angenommen. Die Beteiligung liegt bei knapp 40%
. 27.5. - N a h e r O s t e n. Der ägyptische Präsident Mubarak empfängt im Seebad Sharm el-Sheich den israelischen Premierminister Netanjahu. In Presseberichten heißt es, Mubarak habe einen von den USA und der Europäischen Union unterstützten Plan zur Wiederaufnahme der israelisch-palästinensischen Verhandlungen vorgelegt. Mubarak hatte vor der Begegnung mit Netanjahu mit dem jordanischen König Hussein konferiert.
28.5. - U N O. Generalsekretär Annan legt in New York den Haushaltsentwurf für 1998 vor, der die Streichung von mehr als 900 Dienstposten vorsieht. Das Budget soll sich auf 2,583 Mrd. Dollar (1997: 2,603 Mrd. Dollar) belaufen.
30.5. - U k r a i n e / R u ß l a n d. Der russische Präsident Jelzin und der ukrainische Präsident Kutschma unterzeichnen in Kiew einen Grundlagenvertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und Partnerschaft sowie eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit bei Produktion, Einsatz und Nutzung ziviler Trägerraketen. Beide Präsidenten begrüßen das am 28.5 geschlossene russisch-ukrainische Regierungsabkommen über Aufteilung und Status der sowjetischen Schwarzweerflotte. Jelzin nennt die Beziehungen zur Ukraine die Priorität der Prioritäten.