Der Abschied vom Menschen
Im Abstand von einem Jahr haben ein französischer Schriftsteller und ein stark am französischen Denkstil orientierter deutscher Philosoph Thesen von auffallender Ähnlichkeit veröffentlicht. Beide haben heftige Diskussionen ausgelöst. Den verschiedenen Anlässen und nationalen Kontexten entsprechend ging es aber dem Inhalt nach in diesen Diskussionen um ganz Unterschiedliches.
Gerade deshalb fällt die übereinstimmende Form beider Debatten auf. Die Publikationen waren von vornherein als Medienereignisse mehr oder weniger geplant und inszeniert. Wie Houellebecq mit Hilfe seines Verlegers 1998 die rentrée littéraire, Frankreichs literarische Herbstsaison, mit Beschlag belegte und die traditionellen Literaturpreise bedeutungslos machte; wie Sloterdijk im Kontext eines deutsch-jüdischen Philosophenkongresses („Philosophie am Ende des Jahrhunderts. Heidegger und Levinas“) provokative Reizworte streute, hatte nichts Zufälliges. Hier wurde zweimal planmäßig ein Skandal vorbereitet, mit dem Ziel, von sich reden zu machen und sich in der Literatur oder der Philosophie in die oberen Ranglisten hinaufzuschwingen. Ein jüngerer literarischer Präzedenzfall wie Marie Darrieussecqs Schweinmutation oder Baudrillards philosophische Ausfälle dürften dabei als Vorbild gedient haben.