Europäische Begriffsverwirrungen
Da musste erst der französische Staatspräsident Jacques Chirac den Ratsvorsitz in der Europäischen Union übernehmen und Wegweisendes zur Position der Grande Nation verkünden, um - unfreiwillig - zu dokumentieren, was schon seit Monaten die Diskussion über die EU-Reform prägt: eine europäische Begriffsverwirrung. Chirac hat empfohlen, den Begriff "Föderation" gar nicht erst zu gebrauchen, um Missverständnissen vorzubeugen. Einer der Urheber solcher Missverständnisse ist ohne Zweifel Bundesaußenminister Joschka Fischer. In seiner Europa-Rede 1) hat er sich just für eine "Föderation" stark gemacht, mit einem europäischen Parlament und einer europäischen Regierung, "die tatsächlich die gesetzgebende und die exekutive Gewalt innerhalb der Föderation ausüben". Gleichzeitig besteht er darauf, dass der Integrationsprozess "die Nationalstaaten mitnimmt in eine solche Föderation" und deren Institutionen unangetastet lässt. Das klingt eher nach Konföderation als nach Föderation. Und wenn Chirac sich unter einem vereinten Europa reichlich verschwommen ein "stärkeres politisches, wirtschaftliches, soziales und kulturelles Ensemble" vorstellt 2), erinnert das eher an de Gaulles "Europa der Vaterländer".