Es hätte auch einer "Bild"-Schlagzeile entnommen sein können: "Wahnsinn, Stoiber und Wulff siezen sich wieder!" Bettina Rust, die neue Talkmasterin von SAT 1, konfrontierte ihren Studiogast, den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU), jedenfalls mit dem angeblichen Streit zwischen den beiden Landesfürsten der Union. Dieser nutzte die Vorlage prompt für eine Lobrede auf den bayerischen Ministerpräsidenten, die mit der Behauptung endete: "Ich finde ihn irgendwie knuffig".
Knuffig? Das ist wohl eine ebenso unerwartete wie offensichtlich abwegige Charakterisierung des CSU-"Randalierers" (FR). Die professionelle Art, wie Wulff die Talkshow zur Wahlwerbung nutzte, machte jedoch auf einen Schlag das Dilemma des neuen Formats sichtbar: Kombiniert man einen Politprofi mit zwei netten, aber harmlosen Studiogästen, die sich als über den Parteien schwebende Gutmenschen profilieren oder lustige bis gallige Aperçus absondern, dann haben die Parteipropagandisten leichtes Spiel. Und Otto Schily (ihm saßen in der Auftaktsendung "Zeit"- Chefredakteur Giovanni di Lorenzo und Chefzyniker Harald Schmidt gegenüber) ist selber schuld, wenn er die Chance nicht so dreist nutzte wie Wulff.