Dokumente zum Zeitgeschehen

»Die nötigen gesetzlichen Grundlagen sind umstritten«

Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, 28.8.2013 (Auszug)

Um die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden zu verstärken, wurden in Berlin-Treptow im Dezember 2004 das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) und im Januar 2007 das Gemeinsame Internetzentrum (GIZ) eingerichtet. Am GTAZ sind insgesamt 40 Behörden beteiligt, nämlich die jeweils 16 Verfassungsschutzbehörden der Länder und Landeskriminalämter, das Bundeskriminalamt, die  Bundespolizei, das Zollkriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst, der Militärische Abschirmdienst, der Generalbundesanwalt und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Das Modell des GTAZ wurde zunächst mit dem Gemeinsamen Abwehrzentrum Rechtsextremismus (GAR) im Dezember 2011 auf den Bereich Rechtsextremismus/-terrorismus übertragen. Mit Errichtung des Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismuszentrums (GETZ) im November 2012 wurde das GAR um die Phänomenbereiche  Linksextremismus/-terrorismus, Ausländerextremismus/-terrorismus und Spionage/Proliferation (soweit ein nachrichtendienstlicher Bezug vorhanden ist) erweitert. 

Die Zentren sollen die behördenübergreifende Zusammenarbeit durch neue, mehrsträngige Kommunikationswege stärken. Die ausgetauschten Informationen werden gebündelt und gemeinsam bewertet, um jeweils operative Maßnahmen der beteiligten Behörden im eigenen Zuständigkeitsbereich vorzubereiten. 

Die Notwendigkeit eines verbesserten Informationsaustauschs wird von keinem der Kommissionsmitglieder grundsätzlich infrage gestellt. Die Mitglieder Harms, Kaller und Wolff begrüßen dabei das Modell des und die Arbeitsweise im GTAZ ausdrücklich. Nach Meinung der Mitglieder Hirsch und Wolff kann die nötige effektivere Zusammenarbeit dagegen auch durch klare Übermittlungsregeln gelöst werden. In der Kommission bestanden allerdings grundlegend unterschiedliche Auffassungen, ob die spezielle Arbeitsweise in den Abwehrzentren die Schaffung einer eigenständigen Rechtsgrundlage erfordert und inwieweit es einer besonderen institutionalisierten Kontrolle bedarf. 

Die Mitglieder Bäcker, Giesler, Hirsch und Wolff empfehlen auch vor dem Hintergrund der BVerfG-Entscheidung zum ATDG die Schaffung einer eigenständigen gesetzlichen Grundlage für die Errichtung der und die Zusammenarbeit/den Informationsaustausch in den Abwehrzentren. Die Zusammenarbeit habe in den gemeinsamen Zentren eine Verfestigung, ein Ausmaß und eine Bedeutung erlangt, die eine eigenständige gesetzliche Grundlage erforderten. Die vorhandenen Übermittlungsvorschriften seien auf diese Form der Zusammenarbeit nicht zugeschnitten und nicht mehr ausreichend. Eine gesetzliche Grundlage sei zumindest dann angezeigt, wenn die Abwehrzentren sicherheitsbereichsübergreifend (Ermittlungsbehörden, Polizei, Nachrichtendienste) und/oder bund- und länderübergreifend arbeiten sollen. Eine behördenübergreifende Analysetätigkeit sei zudem auf Bereiche zu beschränken, von denen schwerste Gefährdungen für Leib, Leben oder Freiheit von Menschen oder herausragend bedeutsame, existenzsichernde Einrichtungen ausgehen. Eine pauschale Ausdehnung auf alle Bereiche des politischen Extremismus komme von Verfassungswegen nicht in Betracht. Die Mitglieder Bäcker, Giesler und Hirsch empfehlen – insoweit über die Forderungen des Mitglieds Wolff hinausgehend – in der gesetzlichen Regelung zusätzlich auch den Informationsfluss und die Informationsverarbeitung in den Zentren besonders zu regeln. 

Nach gemeinsamer Auffassung der Mitglieder Bäcker, Giesler, Hirsch und Wolff bedarf die deutliche Intensivierung des behörden- und länderübergreifenden Informationsaustausches weiterhin einer korrespondierenden Verbesserung der behördenübergreifenden Kontrolle, weshalb die gesetzliche Grundlage auch spezifische Kontrollmechanismen für die Einhaltung der Regelungen zur Informationsweitergabe enthalten solle. 

Die Mitglieder Harms und Kaller sind dagegen der Auffassung, die spezialgesetzlich geregelten Übermittlungsvorschriften stellten eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Austausch personenbezogener Daten zwischen den Sicherheitsbehörden in den Gemeinsamen Zentren dar, so dass keine Regelungslücke ersichtlich sei. Die bestehenden Übermittlungsvorschriften halten dabei ihrer Ansicht nach auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus der Entscheidung zum ATD-Gesetz ein. Eine datenschutzrechtliche Sonderregelung für die Zentren würde nur dann Sinn ergeben, wenn sie von den bestehenden Übermittlungsvorschriften materielle Abweichungen im Sinn enger Grenzen für die Übermittlung vorsehen würde. Gerade hierdurch würden letztendlich allgemein beklagte Abschottungstendenzen der Sicherheitsbehörden untereinander unterstützt werden. 

Zur ordnungsgemäßen und verfassungskonformen Tätigkeit bedarf es nach ihrer Auffassung über die mannigfaltigen vorhandenen einzelnen Kontrollinstanzen für die beteiligten Behörden hinaus auch keiner weiteren datenschutzrechtlichen Kontrollinstanz. Die Kontrolle der Gemeinsamen Zentren sei umfassend und damit ausreichend ausgestaltet; sie würde insbesondere auch gegenwärtig die Schnittstellen zwischen den beteiligten Behörden umfassen. Das gegenwärtige bestehende, differenzierte und umfassende System garantiert nach Auffassung der Mitglieder Harms und Kaller eine hohe Qualität der Datenschutzkontrolle. 

Der vollständigen Bericht finden Sie hier.