Dokumente zum Zeitgeschehen

»Die Umsetzung des Menschenrechts auf inklusive Bildung bleibt hinter den Erwartungen zurück«

Vorabfassung der Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention an deutschen Schulen, 15.3.2014

Das Recht auf inklusive Bildung

Im März 2009 ist für die Bundesrepublik Deutschland das im Jahr 2006 verabschiedete UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (im Weiteren: UN-BRK oder die Konvention) mit seinem Fakultativprotokoll in Kraft getreten.

Die UN-BRK ist das internationale Menschenrechtsinstrument, das die Rechte von Menschen mit Behinderungen in dieser Form erstmalig in einem selbständigen völkerrechtlichen Vertrag verankert. Sie konkretisiert eine Reihe von internationalen Menschenrechtsinstrumenten der Vereinten Nationen, namentlich die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 (AEMR), den Internationalen Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966 (UN-Sozialpakt, IPwskR) und den Internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt, IPbpR).

Die UN-BRK verbrieft also keine neuen Menschenrechte, sondern konkretisiert und entwickelt den hergebrachten Bestand der Menschenrechte mit Blick auf die besondere Situation von Menschen mit Behinderungen fort. Mit der Anerkennung des Rechts auf inklusive Bildung (Artikel 24 UN-BRK) schließt die UN-BRK sowohl an die Verbürgungen der AEMR als auch an das bereits in Artikel 13 UN-Sozialpakt sowie Artikel 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention verbindlich verbürgte Recht auf Bildung an. An diese Menschenrechtsübereinkommen ist Deutschland ebenfalls gebunden. Die UN-BRK präzisiert den menschenrechtlichen Anspruch um die Dimension des gemeinsamen Lernens von Menschen unabhängig von einer Behinderung.

Die Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten zur Verwirklichung eines inklusiven Bildungssystems (Artikel 24 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 4 Abs. 2 UN-BRK). Sie enthält eine Reihe von konkreten Vorgaben, welche die Vertragsstaaten verpflichten, die zu ihrer Umsetzung geeigneten und erforderlichen Maßnahmen und Schritte zu unternehmen (Artikel 24 Absatz 2 bis Absatz 5 des Übereinkommens).

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Die UN-BRK und die anderen Übereinkommen binden in Deutschland von Verfassung wegen die staatlichen Organe und Stellen aller Ebenen. Sie verpflichten Deutschland, die auf der völkerrechtlichen Ebene im Verhältnis zu den anderen Vertragsstaaten eingegangenen Verpflichtungen innerstaatlich in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht vollständig umzusetzen. Zentral für das Recht auf inklusive Bildung sind der Aufbau und die Unterhaltung eines inklusiven Bildungssystems bei gleichzeitiger Achtung und Gewährleistung des Rechts auf inklusive Bildung im Einzelfall.

Die Menschenrechte, wie sie in den internationalen Übereinkommen verbrieft worden sind, werden nach Maßgabe des deutschen Verfassungsrechts Teil der nationalen Rechtsordnung. In Deutschland enthält das Grundgesetz entsprechende Regelungen für die Überführung (Inkorporierung) menschenrechtlicher Übereinkommen in die innerstaatliche Rechtsordnung (siehe Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG).

[...]

Für Deutschland, das die UN-BRK ratifiziert hat, sind die im Menschenrecht auf inklusive Bildung verankerten Gehalte und Vorgaben als rechtlich verbindlicher internationaler Standard und als Maßstab der deutschen Bildungspolitik heranzuziehen. Durch diese Bindung, die Deutschland freiwillig durch den Beitritt zur UN-BRK und den übrigen Menschenrechtsübereinkommen eingegangen ist, sind die Handlungsspielräume im Bereich der Schulpolitik neu ausgerichtet worden. Die Länder und die KMK als Träger der deutschen Bildungspolitik müssen bereits bei ihrer Willensbildung und den schulpolitischen Entscheidungen die bildungspolitischen Zielvorgaben der UN-BRK berücksichtigen und können die menschenrechtlichen Wertungen aus dem Recht auf inklusive Bildung nicht ignorieren.

Die vollständige Studie finden Sie hier.