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»Die Verurteilungsquote bei Vergewaltigung ist stark gesunken«

Analyse des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen zur Strafverfolgung bei Sexualdelikten, 16.4.2014 (Pressemitteilung)

Eine bundesweite Analyse zur Strafverfolgung der Vergewaltigung zeigt einen klaren Trend: Vor 20 Jahren erlebten 21,6 Prozent der eine Anzeige erstattenden Frauen die Verurteilung des Täters. 2012 waren es nur noch 8,4 Prozent. Doch das Hauptproblem wird erst in einem aktuellen Ländervergleich erkennbar. Damit hierfür ausreichend große Zahlen zur Verfügung stehen, haben wir die 16 Bundesländer zu sechs Gruppen (A-F) zusammengefasst und zusätzlich das Doppeljahr 2011/12 zugrunde gelegt. Der Anteil der Fälle, in denen eine Vergewaltigungsanzeige zur Verurteilung eines Täters geführt hat, reicht dann im Vergleich der sechs Ländergruppen von 4,1 Prozent (A-Länder) bis zu 24,4 Prozent (F-Länder).

Für einen Rechtsstaat sind diese Befunde problematisch. Aus Sicht der Bevölkerung betrachtet erscheint es beunruhigend, dass in den A-Ländern im Durchschnitt nur nach jeder 25. polizeilich registrierten Vergewaltigung ein Täter verurteilt wird. In den F-Ländern geschieht das in jedem vierten Fall. Aus Sicht der betroffenen Frauen sollen zwei weitere Aspekte hervorgehoben werden. Die Entscheidung der für die Opferentschädigung zuständigen Behörden, einer Frau nach einer Vergewaltigungsanzeige beispielsweise eine Traumatherapie zu finanzieren, orientiert sich faktisch am Ausgang des Strafverfahrens. Die Erfolgschancen der Frauen unterscheiden sich deshalb im Vergleich der Ländergruppen ebenfalls um etwa das Sechsfache. Gleiches gilt im Hinblick auf das Risiko der betroffenen Frauen, in ihrem sozialen Umfeld aufgrund einer gescheiterten Anzeige als Verliererin oder gar als Lügnerin dazustehen. All dies sollte nicht weiter hingenommen werden. Es erscheint dringend geboten, im Wege einer empirischen Untersuchung aufzuklären, warum die Verurteilungsquote der Vergewaltigung derart stark gesunken ist und aus welchen Gründen im Vergleich der Bundesländer diese extremen Unterschiede der Strafverfolgung auftreten.

Schon heute möchten wir auf drei Aspekte aufmerksam machen. Zum einen haben sich die Fälle der angezeigten Vergewaltigungen stark in den sozialen Nahraum der betroffenen Frauen verlagert. Fremde Tatverdächtige erreichten 1994 noch einen Anteil von 30 Prozent der aufgeklärten Fälle. 2012 waren es nur noch 18 Prozent. Der Anteil der „verwandten Tatverdächtigen“ stieg dagegen in diesem Zeitraum von 7,4 auf 27,9 Prozent. Die 1998 erfolgte Einbeziehung der ehelichen Vergewaltigung in den Straftatbestand des § 177 StGB hat offenkundig die Anzeigebereitschaft bei solchen Fällen stark erhöht.

Die vollständige Mitteilung finden Sie hier.