Regierungserklärung von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, 4.12.2015
»Das Bekenntnis, von Kohle, Öl und schließlich auch Gas vollständig Abstand zu nehmen, war keine Laune in Elmau, sondern eine gut bedachte und notwendige Richtungsentscheidung. Ein Bekenntnis, dem sich Brasilien wenig später angeschlossen hat – ein wichtiges Signal in Richtung der aufstrebenden Länder des Südens. Ein anderer wichtiger Zwischenschritt liegt bereits zwei Jahre zurück. Bei der Konferenz in Warschau 2013 wurde vereinbart, dass alle Staaten im Vorfeld der Pariser Konferenz ihre nationalen Beiträge einreichen sollten. Dieses Vorgehen hat sich als sehr sinnvoll erwiesen. 185 Vertragspartner haben das jetzt getan, sie stehen für mehr als 95 Prozent des weltweiten Treibhausgasausstoßes. Der Verhandlungsprozess vor Paris hat schon jetzt zu mehr Klimapolitik auf der Welt geführt, als wir ihn je zuvor hatten! Mit den Beiträgen würden wir die weltweite Erwärmung auf ca. 2,7 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzen können. Wir erreichen also noch nicht die 2-Grad-Obergrenze. Aber es ist eine deutliche Abkehr vom bisherigen Trend, nach dem wir noch mit 4 oder 5 Grad Erwärmung zu rechnen hatten. Aber nochmals: Nur die 2 vor dem Komma reicht nicht aus. Wir müssen mehr machen. Und wir können das auch! Die 2-Grad-Grenze muss völkerrechtlich verbindlich werden. Nicht zuletzt deswegen stehen wir jetzt - 20 Jahre nach Kyoto - in den härtesten zwei Wochen des internationalen Klimaprozesses.
Leitlinien der Pariser Verhandlungen
Lassen Sie mich noch einmal darstellen, was die Leitlinien unserer Verhandlungen in Paris sind:
Erstens: Wir brauchen vollständige Transparenz. Wir wollen klare Regeln, wie der Klimaschutz in den einzelnen Staaten gemessen und dokumentiert wird. Zweitens: Wir müssen in der Lage sein, nachzusteuern. Deshalb brauchen wir einen Mechanismus, der die Ambitionen Stück für Stück steigert. Ich möchte erreichen, dass wir Zyklen von 5 Jahren durchsetzen, wobei die Klimaschutzanstrengungen jeweils verstärkt werden müssen. Drittens: Wir wollen weltweite Solidarität mit den Ländern, die am stärksten unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden. Viertens: Wir brauchen das Bekenntnis zu einem langfristigen Ziel. Das Ziel muss sein: Null CO2 aus fossilen Energieträgern im Laufe des Jahrhunderts.
Der internationale Klimaschutz wird weiterhin auf Dialog angelegt sein. Für diesen Dialog brauchen wir Leitplanken, die uns in Richtung des 2-Grad-Ziels führen. Und dazu zählt, dass wir regelmäßig die Anstrengungen aller Staaten überprüfen. Am liebsten wäre es mir, die nationalen Beiträge völkerrechtlich verbindlich festzuschreiben. Mindestens aber brauchen wir ein völkerrechtlich verbindliches System, mit dem gemessen wird. Je transparenter die Bemühungen der Staaten, desto unwahrscheinlicher, dass sich Länder still und heimlich von ihren Zielen verabschieden. Daher wollen wir eine Überprüfung alle fünf Jahre. Es lohnt sich, um jedes Zehntelgrad zu kämpfen! Darüber hinaus müssen wir in der Lage sein, nachzujustieren. Wir wollen einen Mechanismus vereinbaren, der uns ermöglicht, die Anstrengungen Stück für Stück zu steigern – abhängig von wissenschaftlichen Erkenntnissen und künftigen technischen Möglichkeiten.
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Klimafinanzierung als Säule des Abkommens
Gerade die Länder des Südens werden unter den Folgen des Klimawandels leiden, selbst wenn wir ihn auf 2 Grad begrenzen können. Gleichzeitig haben die allermeisten von ihnen historisch nur zu einem sehr geringen Teil zum Klimawandel beigetragen. Schon in Kopenhagen haben wir uns als Industrieländer dazu verpflichtet, ab dem Jahr 2020 jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar an öffentlichen und privaten Investitionen für den Klimaschutz zu mobilisieren. Das ist, ich habe das in Paris bereits betont, eine absolut notwendige Voraussetzung dafür, um die Zustimmung aller Staaten zu bekommen. Ende 2014 standen wir bereits bei 62 Milliarden US-Dollar. Wir sind also auf einem guten Weg. Insgesamt muss die Klimafinanzierung eine der Säulen des neuen Abkommens sein. Wir wollen, dass sich der Geberkreis erweitert. [...]
Ausstieg aus fossilen Energien offen kommunizieren
Im kommenden Jahr werde ich Ihnen den Klimaschutzplan 2050 vorstellen. Er wird Strategien aufzeigen, wie wir unser langfristiges Ziel erreichen können, bis zum Jahr 2050 bis zu 95 Prozent weniger CO2 auszustoßen. [...] Die Zeit der fossilen Energieträger – auch der Braunkohle – geht zu Ende. Das müssen wir den Menschen offen sagen, weil wir die Verantwortung für einen gut gesteuerten Strukturwandel tragen - im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der betroffenen Regionen. Das Gleiche gilt für die Landwirtschaft: Es reicht nicht mehr, nur auf Masse zu produzieren. Dazu sind die Umwelt- und Klimafolgen der Landwirtschaft zu groß. Auch hier ist der Strukturwandel notwendig – hin zu mehr Umwelt- und Naturschutz und weniger Emissionen. Das überkommene System der Agrarsubventionen setzt hier bisher die völlig falschen Anreize. Es ist wirklich an der Zeit, das grundsätzlich zu ändern!«
Die gesamte Rede finden Sie hier. Es gillt das gesprochene Wort.