Dokumente zum Zeitgeschehen

»Langzeitarbeitslosigkeit wird für die EU zum Dauerproblem«

Studie der Bertelsmannstiftung, 10.6.2016 (engl. Originalfassung)

Die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich seit der Finanz-und Wirtschaftskrise zu einem grundlegenden Problem für die Europäische Union entwickelt, wie eine Studie der Bertelsmannstiftung darlegt. 2015 war von den 22 Millionen Arbeitslosen in den 28 EU-Staaten war fast jeder zweite länger als 12 Monate erwerbslos. Knapp ein Drittel ist sogar schon länger als zwei Jahre ohne Job. Vor allem in den südlichen EU-Ländern, wie Griechenland, Spanien oder Kroatien, ist die Langzeitarbeitslosigkeit besorgniserregend hoch. Auch ist das Ausmaß der Beschäftigungskrise deutlich größer, als die offiziellen Zahlen nahelegen. Denn das Phänomen der verdeckten Langzeitarbeitslosigkeit wird nicht erfasst. Das sind zentrale Ergebnisse unserer europaweiten Vergleichsstudie.

Langzeitarbeitslosigkeit in der EU zeigt Nord-Süd-Gefälle und betrifft verschiedene Gruppen

Die Studie zeigt, dass auf dem europäischen Arbeitsmarkt ein deutliches Nord-Süd-Gefälle besteht: In Griechenland, Spanien und Kroatien liegt die Langzeitarbeitslosenquote bei rund 18, 11 und 10,4 Prozent – und damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 4,3 Prozent. Im Gegensatz dazu stehen Großbritannien, Schweden und Luxemburg mit 1,5 und 1,6 Prozent Langzeitarbeitslosen – den europaweit geringsten Quoten. EU-weit ist die Langzeitarbeitslosenquote fast doppelt so hoch wie vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008, wo sie bei 2,5 Prozent lag. Einzig in Deutschland sank sie seit Beginn der Krise deutlich.

Zwar sind vor allem Geringqualifizierte von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. In Südeuropa betrifft sie aber auch viele gut ausgebildete Menschen. So sind in Griechenland, Spanien und Kroatien über 10 Prozent der Personen mit mittlerem Qualifikationsniveau und mehr als 5 Prozent der Hochqualifizierten langzeitarbeitslos. In Deutschland betrifft die Langzeitarbeitslosigkeit zudem erschreckend viele ältere Arbeitnehmer: Mehr als 26 Prozent der deutschen Langzeitarbeitslosen sind älter als 55 Jahre – weit über dem EU-Schnitt von 13 Prozent.

Einseitige Sparpolitik der EU droht Langzeitarbeitslosigkeit zu zementieren

Grundlegende Voraussetzung für den Abbau der hohen Langzeitarbeitslosigkeit ist eine steigende Arbeitsnachfrage durch die Wirtschaft. Dafür empfehlen die Studienautoren einen Mix aus wachstumsorientierten Investitionen und aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Gerade in den Ländern mit besonders hoher Langzeitarbeitslosigkeit sind die Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik, wie Vermittlungsdienstleistungen, Aus- und Weiterbildungsangebote oder Lohnanreize für Unternehmen, gering und teilweise durch die Sparpolitik der letzten Jahre weiter gesunken. Ohne diese Unterstützung werden viele Langzeitarbeitslose aber kaum eine neue Stelle bekommen. Notwendig ist deshalb auch der Aufbau funktionsfähiger Arbeitsverwaltungen, die früh und intensiv bei der Jobsuche unterstützen.

Die vollständige Studie finden Sie hier.