Berliner Erklärung zum Flüchtlingsschutz, 27.6.2018
Verfolgte Menschen brauchen Schutz – auch in Europa. Als Lehre aus den verheerenden Folgen der Naziherrschaft war dieser Satz lange Zeit bindend und unwiderruflich für die Staaten Europas. Nun wird er zunehmend in Frage gestellt.
Während des 2. Weltkrieges standen Millionen Flüchtlinge vor verschlossenen Grenzen. Die um Schutz ersuchten Staaten erkannten zwar ihren Schutzbedarf, wollten aber nicht für ihre Schutzgewährung zuständig sein. Dies war der Grund für die Verabschiedung der Genfer Flüchtlingskonvention im Jahr 1951. Bereits ein Jahr zuvor wurde die Europäische Menschenrechtskonvention verabschiedet, welche erstmals in Europa einen völkerrechtlich verbindlichen Grundrechteschutz geschaffen hat und den Schutz vor Folter und unmenschlicher Behandlung garantiert. Diese Verträge bilden aus guten Gründen die Grundlage des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Die unterzeichnenden Organisationen sind in großer Sorge, dass die aktuelle deutsche wie europäische Asylpolitik nicht mehr primär dem Schutz der Flüchtlinge als vielmehr dem Schutz der Grenzen dient. Dies geschieht in einer Zeit, in der die Zahl von Flüchtlingen weltweit zwar weiter zunimmt, die Zahlen in Europa und Deutschland aber deutlich sinken. In einer Zeit, in der die meisten Menschen aus Syrien, Afghanistan, dem Südsudan, Myanmar und Somalia fliehen – Konfliktgebiete, für die nach wie vor keine Lösung in Sicht ist. Die unterzeichnenden Organisationen appellieren an die deutsche Bundesregierung, Verantwortung für den Flüchtlingsschutz in Deutschland und Europa zu übernehmen. Das bedeutet konkret:
1 Wir wenden uns gegen die Zurückweisung von schutzsuchenden Menschen an der europäischen Grenze.
2 Wir fordern eine solidarische Aufnahme von Schutzsuchenden in der EU statt nationaler Abschottung.
3 Wir wenden uns gegen die Vorschläge, Schutzsuchende in Staaten vor Europas Grenzen aus- bzw. zwischenzulagern.
4 Wir fordern die Rettung von Menschen in Seenot im Mittelmeer und ihre Ausschiffung in den nächsten europäischen Hafen.
Unterzeichnende Organisationen:
- Der Paritätische Gesamtverband
- PRO ASYL
- AMNESTY INTERNATIONAL – Sektion der Bundesrepublik Deutschland
- terre des hommes Deutschland
- Jesuiten Flüchtlingsdienst Deutschland
- Neue Richtervereinigung
- medico international
- Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
- Republikanischer Anwältinnen- und Anwaltsverein
- SOS MEDITERRANEE
- Sea-Watch
- Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
- AWO – Arbeiterwohlfahrt Bundesverband
- Deutscher Caritasverband
- Beauftragter des Senats Berlin für Integration und Migration
- Diakonie Deutschland
- Rechtsberaterkonferenz
Die vollständige Erklärung finden Sie hier.