Wenn Wahlergebnisse über Bildschirme flimmern, sprechen Politiker gerne vom „verdienten Sieg“, im Fall einer Niederlage auch vom „unglücklichen Abschneiden“. Ganz entgegen dieser Gewohnheit bezeichnete der nach einem parteiinternen Putsch vor einem Jahr ins Amt gekommene australische Premierminister Scott Morrison die Wiederwahl seiner nationalkonservativen Koalition bei der Parlamentswahl am 18. Mai als ein „Wunder“.
Aus demoskopischer Sicht war es dies in der Tat. Zwar büßten die übelsten Rechtspopulisten ihr Abgeordnetenmandat ein: Ex-Premier Tony Abbott, quasi ein australischer Donald Trump, verlor seinen Wahlkreis im wohlhabenden Nordosten Sydneys und musste das Repräsentantenhaus Ende Juni verlassen. Genauso erging es Fraser Anning, dessen neu gegründete rechtsradikale Partei keinen Sitz im australischen Senat errang. Insgesamt konnte jedoch die rechts-konservative Flanke entgegen aller Prognosen ihre Mehrheit verteidigen. So lag Morrisons Koalition nach der Stimmauszählung 1,5 Prozentpunkte vor der Opposition. Infolgedessen kann sein Bündnis aus konservativ-wirtschaftsliberalen Liberals und rechter National Party seit Juli weiter das Land regieren – wenn auch nur mit einer hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme im Repräsentantenhaus: Die Regierung verfügt dort über 76 der insgesamt 151 Sitze.