Ausgabe Februar 2020

Kurzgefasst

Volker Perthes: Vorübergehende Entwarnung: Nahost in der Eskalationsspirale, S. 43-49

Nach der Tötung des iranischen Generals Qassim Soleimani durch die USA fürchteten viele einen neuen großen Krieg. Dieser scheint zwar vorerst abgewendet, doch die Lage im Nahen Osten bleibt angespannt. SWP-Direktor Volker Perthes warnt vor einer Asymmetrisierung des US-Iran-Konflikts. Um die Lage zu befrieden, müsse Europa das Atomabkommen verteidigen und sich für eine De-Eskalation am Persischen Golf einsetzen.

Ernest J. Moniz und Sam Nunn: Aufrüstung statt Dialog: Droht die nukleare Apokalypse?, S. 51-62

Das Risiko eines Atomkriegs schien lange gebannt. Doch mit der Aufkündigung des INF-Vertrags durch die USA ist die Gefahr einer amerikanisch-russischen Konfrontation unter Einsatz von Atomwaffen in greifbare Nähe gerückt, warnen die ehemaligen US-Politiker Ernest J. Moniz und Sam Nunn. Kollabierende Rüstungskontrollvereinbarungen und fehlende Dialogforen schüren das Misstrauen. Es sei daher unerlässlich, dass beide Seiten wieder miteinander sprechen.

Arundhati Roy: Das Ende des indischen Traums (II). Assam und das Grauen der Staatenlosigkeit, S. 63-72

Immer wieder sind die Grenzen zwischen Indien und seinen Nachbarn neu gezogen worden. Das nutzen die regierenden Hindu-Nationalisten um Millionen von Indern zu Staatenlosen zu erklären, so die Schriftstellerin Arundhati Roy. Mithilfe eines neues Melderegisters werden im Bundesstaat Assam vor allem Frauen, Muslime, Arme und Kastenlose ausgeschlossen. Dies droht sich im ganzen Land zu wiederholen – und könnte zu einem neuen Kastensystem führen.

Olaf Bernau: Kampffeld Sahelzone. Wie der Dschihadismus von der Klimakrise profitiert, S. 73-78

Seit Jahren leidet die Sahelzone unter islamistischem Terror. Doch trotz verstärkter Militäreinsätze wächst die Zahl der dschihadistischen Angriffe. Und die Klimakrise verschärft die Gewalt in der Region weiter, so der Soziologe Olaf Bernau. Angesichts dessen bedarf es einer Strategie zur Verbesserung der Lebensbedingungen, die auch Maßnahmen zur Anpassung an die Erderwärmung beinhaltet.

Hans-Gerd Marian und Michael Müller: Der Kampf um Lebensraum. Braune Ideologen im Umwelt- und Naturschutz, S. 81-89

Der Umweltschutz hat braune Linien, wie Hans-Gerd Marian und Michael Müller von den NaturFreunden Deutschlands aufzeigen. Das ist hoch aktuell: Gelingt die sozial-ökologische Transformation nicht, drohen erneut autoritäre Lösungen zur Verteidigung des eigenen Lebensraums.

Paul Chatterton: Die klimaneutrale Stadt, S. 90-96

Die Klimakrise ist auch eine Krise der Stadt. Die urbane Lebensweise ist enorm emissionsintensiv, und der Klimawandel wird sich besonders stark auf Städte auswirken. Der Stadtforscher Paul Chatterton plädiert daher für eine nachhaltig produzierende und kollektiv organisierte Bio-Stadt.

Matt Stoller: Ausbruch aus der digitalen Knechtschaft? Wie wir die Technologiemonopole zerschlagen, S. 97-102

Die großen Tech-Konzerne verfügen über eine monopolistische Marktmacht – sind aber demokratisch kaum legitimiert und kontrolliert. Der Publizist Matt Stoller plädiert für die Zerschlagung der Tech-Riesen und eine umfassende demokratische Regulierung der globalen Datenströme. Nur so können wir der Knechtschaft von Google und Co. entrinnen.

Lothar Zechlin: Israelkritik gleich Antisemitismus? Wie der Bundestag durch Verfälschung Begriffspolitik betreibt, S. 103-111

Mit breiter Mehrheit verabschiedete der Bundestag 2019 eine Resolution gegen den BDS. Aber die darin enthaltene Antisemitismus-Definition ist unpräzise, kritisiert der Jurist Lothar Zechlin. Um trennscharf zwischen Antisemitismus und legitimer Kritik der israelischen Regierung zu unterscheiden, muss genau bestimmt werden, was Judenfeindschaft ausmacht.

Micha Brumlik: Vom Nutzen und Vorteil der Religion für die Vernunft. Wie Jürgen Habermas die Geschichte der Philosophie deutet, S. 112-120

Das neue Werk des Philosophen Jürgen Habermas ist eine einzigartige genealogische Selbsteinholung des eigenen Denkens, so „Blätter”-Mitherausgeber Micha Brumlik. Erstmals beschäftigt sich Habermas darin ausführlich mit der Rolle von Religion – besteht aber auf dem unversöhnlichen Gegensatz zwischen Glauben und Wissen.

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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