Offener Brief an die Bundesregierung, 11.4.2021
Jeden Mittwoch demonstrieren in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo ehemalige DDR-Vertragsarbeiter:innen. Die Rückkehrer:innen, in Mosambik „Madgermanes“ genannt, kämpfen seit Jahrzehnten um Anerkennung und um eine zumindest symbolische Entschädigung für einbehaltene Lohnzahlungen und Sozialversicherungsbeiträge.
Mit diesem offenen Brief aus Wissenschaft und Erinnerungskultur wollen wir ihren Forderungen Nachdruck verleihen. Wir bitten die Bundesregierung um rasche und unbürokratische Entschädigungszahlungen. Die betroffenen Frauen und Männer sind im fortgeschrittenen Alter, viele sind bereits gestorben. Sie leben in einem der ärmsten Länder der Welt. Die Bundesrepublik Deutschland hat es im Zuge der Wiedervereinigung versäumt, für die Situation der Vertragsarbeiter:innen angemessen Verantwortung zu übernehmen. Mehr als 30 Jahre nach dem Ende der DDR ist es überfällig, das Unrecht, das diese Menschen erlitten haben, anzuerkennen und finanzielle Entschädigung zu leisten.
Mosambik war das Land des Globalen Südens, zu dem die DDR die intensivsten Beziehungen unterhielt. Junge mosambikanische Frauen und Männer stellten die zweitgrößte Gruppe der Arbeitsmigrant:innen. In vielen Aspekten lebten sie wie die vietnamesischen, kubanischen und angolanischen Arbeiter:innen in der DDR. Ein wichtiger Unterschied bestand jedoch darin, dass 25 und zeitweise bis zu 60 Prozent des monatlichen Nettolohnes der mosambikanischen Vertragsarbeiter:innen (oberhalb eines Sockels von 350 DDR-Mark) einbehalten wurden. Entgegen schriftlicher Vereinbarungen mit den Betrieben, die versprachen, das Geld würde zu ihren Gunsten auf Konten in Mosambik überwiesen, verblieben die Lohnanteile in der DDR. Die für die staatliche Devisengewinnung zuständige Kommerzielle Koordinierung (KoKo) verrechnete das Einkommen der mosambikanischen Arbeiter:innen mit den Staatsschulden der jungen Republik. Hinzu kommen bis heute nicht geklärte Rentenansprüche aus Einzahlungen der Vertragsarbeiter:innen in das DDR-Sozialsystem. Mosambikanische Frauen waren wie die anderen Vertragsarbeiter:innen mit geschlechtsspezifischer Diskriminierung konfrontiert. Da Schwangerschaft als Beeinträchtigung der Arbeitskraft klassifiziert wurde, standen sie in der Regel vor der Alternative Abbruch oder Abschiebung ins Herkunftsland.
Den vollständigen Offenen Brief finden Sie hier.