Studie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), 6.9.2021
Die deutsche Gesellschaft ist eine Einwanderungsgesellschaft. Auch wenn dies über viele Jahre eine politisch hochstrittige Feststellung gewesen sein mag, so ist diese Realität spätestens seit dem Jahr 2015 nicht mehr zu leugnen. Gleichwohl kann Migration nach Deutschland keineswegs nur auf Fluchtmigration reduziert werden, auch Arbeitsmigration spielt eine wesentliche Rolle. Nach der Anwerbung sogenannter „Gastarbeiter*innen“ der BRD durch Abkommen mit verschiedenen Ländern in den 1950er und 1960er Jahren sowie „Vertragsarbeiter*innen“ in der DDR ab den 1960er Jahren, kommt inzwischen der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit eine sehr große Bedeutung zu. [...] Ein nennenswerter Anteil verfügt über eine Qualifikation als ausgebildete*r Lehrer*in oder über eine andere pädagogische Ausbildung, die eine Tätigkeit in der Schule ermöglichen. Viele haben bereits ein erhebliches Maß an entsprechender Berufserfahrung im Herkunftsland erworben.
Für die GEW als Bildungsgewerkschaft sprechen mehrere Gründe dafür, dass diese Qualifikationen in Deutschland anerkannt werden und den migrierten Lehrkräften so die Chance auf eine adäquate Berufstätigkeit eröffnet wird.
Die drei wichtigsten Gesichtspunkte sind die folgenden:
- Jede*r sollte die Chance auf eine der Qualifikation angemessene Beschäftigung erhalten. Das individuelle Recht auf Berufsfreiheit darf nicht grundsätzlich daran scheitern, dass der Abschluss in einem anderen Land erworben wurde. Denn mit einer Nicht-Anerkennung dieser Qualifikation verschlechtern sich die individuellen Chancen zur Integration in den Arbeitsmarkt, zur Erzielung eines angemessenen Einkommens, zur professionellen Verwirklichung und Weiterentwicklung sowie auf gesellschaftliche Teilhabe erheblich.
- In Deutschland besteht ein akuter Mangel an ausgebildeten Lehrkräften, der sich in Abhängigkeit von Lehramt, Fach und Region unterschiedlich stark ausgeprägt darstellt. Die Hauptursache für diesen Mangel ist, dass über viele Jahre zu wenig neue Lehrer*innen ausgebildet wurden, da die Kultusverwaltung deutlich zu spät auf die sich ändernde demografische Entwicklung reagiert hat. Die systematische Gewinnung von migrierten Lehrkräften für den Schuldienst in Deutschland kann dieses Problem sicher nicht alleine beheben, sie kann aber – neben anderen Maßnahmen – einen Beitrag leisten, die bestehenden Lücken möglichst schnell zu schließen.
- Die Schulen können von der Beschäftigung von migrierten Lehrkräften über die reine Abdeckung von Unterricht hinaus profitieren. So leisten diese einen wichtigen Beitrag zur interkulturellen bzw. migrationsgesellschaftlichen Öffnung von Schule, etwa indem sie Sprachkompetenzen in der Erst- oder Zweitsprache mehrsprachiger Schüler*innen einbringen. Auch wichtige pädagogische Impulse, etwa zum sprachsensiblen Fachunterricht, können von ihnen ausgehen. Sie können vielfältige Brücken bauen und Vorbilder sein.
Die vollständige Studie finden Sie hier.