Dokumente zum Zeitgeschehen

»Wir müssen ehrlicher, klüger, aber auch stärker werden!«

Rede von Frank-Walter Steinmeier vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen, 24.9.2021

In der Präambel der deutschen Verfassung lautet der Anspruch kurz und präzise: "als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen". Dieser Anspruch, diese Verpflichtung gilt für jede deutsche Regierung. Und deshalb war es mir wichtig, heute als Bundespräsident nach New York zu kommen und der internationalen Gemeinschaft diese Botschaft Deutschlands zu überbringen: Unsere Partner können sich auf uns verlassen, und unsere Wettbewerber müssen weiter mit uns rechnen.

In meinen Augen beginnt außenpolitische Verantwortung mit einem ehrlichen und unverstellten Blick auf die Welt. Darum haben sich die Rednerinnen und Redner dieser Generalversammlung in den vergangenen Tagen in ungewohnter Offenheit bemüht. Und in der Tat: Die Lage der Welt ist heute – in jeder Hinsicht – ernüchternd.

Der Fall von Kabul ist eine Zäsur. Wir haben unser Ziel erreicht, diejenigen zu besiegen, die vor zwanzig Jahren furchtbaren Terror über diese Stadt gebracht hatten. Aber wir haben es in zwei Jahrzehnten nicht vermocht – trotz größter Anstrengungen und Investitionen –, eine selbsttragende politische Ordnung in Afghanistan zu errichten.

Auch mein Land trägt Mitverantwortung. Und wir bleiben in Verantwortung, gerade für die vielen Afghaninnen und Afghanen, die auf eine friedlichere, freie, demokratische Zukunft gehofft hatten. Doch ich frage uns: Was folgt aus dem Scheitern? Welche Lehren, welche Aufgaben trauen wir uns zu, wenn wir doch erfahren mussten: Wir haben zu viel gewollt?

Ich bin überzeugt: Resignation wäre die falsche Lehre. Sondern in meinen Augen bedeutet dieser Moment der geopolitischen Ernüchterung dreierlei für die Außenpolitik: Wir müssen ehrlicher, klüger, aber auch stärker werden!

Die vollständige Rede finden Sie hier.