Rede von Romani Rose zum Tag der Menschenrechte, 10.12.2021
Fast auf den Tag genau 100 Jahre nachdem die Frankfurter Nationalversammlung ihr für die Demokratiegeschichte wegweisendes Gesetz verabschiedet hatte, trat am 10. Dezember 1948 die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ in Kraft, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen ausgerufen wurde und woran wir heute erinnern wollen.
Die Erklärung war eine direkte Reaktion auf die Ereignisse des drei Jahre zuvor beendeten Zweiten Weltkriegs: Gemeinsam verpflichtete sich die Weltgemeinschaft, dafür Sorge zu tragen, dass es nie wieder zu einem Zivilisationsbruch wie dem Holocaust an 500.000 Sinti und Roma und 6 Millionen Juden kommt und er ein in der Menschheitsgeschichte einmaliges Verbrechen bleibt.
Heute, 73 Jahre nach Verabschiedung der Erklärung, können wir uns in Deutschland auf das Grundgesetz berufen, eine der – wie ich finde – besten Verfassungen der Welt. In Artikel 1 ist bereits der Satz verankert, an dem sich alle anderen Gesetze und jegliches staatliches Handeln zu orientieren haben: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen schreibt in Artikel 1 fest: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“
Wenn jedoch wieder Menschen, die vor Verfolgung, Hunger und Krieg aus ihren Heimatländern fliehen, zur politischen Manövriermasse degradiert werden, wie derzeit an der EU-Außengrenze von Litauen und Polen zu Belarus, dann ist das ein Verbrechen, das uns alle beschämen muss. Um es ganz klar zu sagen: was dort gerade passiert, ist nichts weiter als ein Bruch von international anerkanntem Recht von allen Beteiligten. Dazu zählen für mich nicht nur die Regierungen von Belarus, Polen und Litauen, sondern alle, die akzeptieren, dass dort Menschen hungern, frieren und sterben und damit das Vermächtnis der Opfer von Auschwitz ignorieren.
Wir müssen uns daran erinnern, dass auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union allen Menschen ein menschenwürdiges Leben garantiert. Wir Europäer müssen diesen Worten, die unter dem Eindruck des Holocaust und dem von den Nationalsozialisten entfesselten Zweiten Weltkrieg niedergeschrieben wurden, endlich unsere eigene Glaubwürdigkeit hinterfragen und handeln. Wir müssen schnelle und unbürokratische Lösungen finden, damit nicht weiter Menschen an den Außengrenzen der EU ihr Leben verlieren – nicht nur in Belarus, Polen und Litauen, sondern auch auf dem Mittelmeer, dem Balkan, oder anderen Fluchtrouten.
Die vollständige Rede finden Sie hier.