
Bild: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan auf dem Nato-Gipfeltreffen in Polen, 8.7.2016 (IMAGO/ZUMA Wire)
Das Militärbündnis der Nato bezeichnet sich seit seiner Gründung im Jahr 1949 selbst gerne als „Wertegemeinschaft“. Generalsekretär Jens Stoltenberg betont bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass die inzwischen 30 Mitgliedstaaten laut ihrer Gründungsakte „der UNO-Charta verpflichtet“ sind und darüber hinaus „den Prinzipien der Demokratie, der individuellen Freiheiten und der Rechtsstaatlichkeit“. Derzeit unterstützt das Bündnis die Ukraine gegen Putins völkerrechtswidrigen Angriffskrieg.
Dies hat die Selbsteinschätzung und auch die Außenwahrnehmung der Nato als „Wertegemeinschaft“ mehr als jedes andere Ereignis seit Ende des Kalten Krieges noch einmal erheblich verstärkt. Und doch steht diese Einschätzung derzeit auf dem Prüfstand. Im Ukraine-Krieg sind die Rollen von Gut und Böse eindeutig verteilt. Putins Russland führt einen „verbrecherischen“, „völkermörderischen“ Angriffskrieg, und zwar nicht nur gegen die Ukraine, sondern „gegen das freiheitliche Europa“, wie es immer wieder heißt. Hingegen „verteidigen“ die Nato-Staaten mit ihren Waffenlieferungen an die Ukraine und den Wirtschaftssanktionen gegen Russland die „westlichen Freiheitswerte“.