Ausgabe August 1993

Balkanische Weiterungen

Albanisch-griechische Eskalationsübungen

Bei den Olympischen Sommerspielen von 1992 gewann ein Gewichtheber namens Pyrros Dimas eine Goldmedaille im Leichtschwergewicht. Dimas ist griechischer Staatsbürger, und so ging auch das Gold auf das Medaillenkonto von Griechenland.

Aber noch ein anderes Land reklamierte die Medaille für sich: Albanien. Denn Dimas hatte Albanien erst kurze Zeit vor seinem Olympiasieg verlassen, mit dem Ende des real existierenden Sozialismus, und in Tirana argumentierte man nun, Dimas sei noch nicht aus der albanischen Staatsbürgerschaft entlassen, sein Sieg somit Gold für Albanien.

Doch die Medaille blieb in Griechenland, Dimas auch. Ende eines bizarren Disputs, der neben seinem Unterhaltungswert indessen auch noch ein paar ernstere Nebenaspekte hat. Handelte es sich bei Dimas doch nicht um den einzigen Albaner griechischer Sprache und griechisch-orthodoxer Konfession, wobei die albanische Regierung die anderen, im Unterschied zu Medaillenjäger Dimas, am liebsten schon lange los geworden wäre. Rund 60 000 ethnische Griechen zählte sie im letzten Zensus von 1981 im Süden des Landes, in der Region von Gjirokastr und Sarande. Auf bis zu 600 000 Landsleute in Albanien kommen manche griechische Schätzungen 1). Die Wahrheit liegt wohl, wie stets in solchen Fällen, irgendwo in der Mitte 2).

August 1993

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