Fast 23 Jahre nach einer der verhängnisvollsten politischen Entscheidungen der Bundesrepublik, dem Radikalenerlaß, der eine ganze Generation enttäuschte und anwiderte, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, eine Schöpfung des Europarates, einen substantiellen Teil dieses Erlasses in den Orkus geworfen. Der Extremistenerlaß ist für Beamte, die seinethalben aus dem Dienst entfernt wurden, erledigt. Er ist menschenrechtswidrig und verstößt gegen die europäische Menschenrechtskonvention von 1950, genau gegen die Meinungsfreiheit und die Koalitionsfreiheit der Bürger, außerdem verletzt die meist DKP-bedingte Beamten-Entlassung das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. So das Urteil aus Straßburg vom 26. September 1995.
Erwirkt hat es eine zähe Lehrerin aus Jever in Niedersachsen. Dorothea Vogt gegen die Bundesrepublik Deutschland. Sie unterrichtet am Mariengymnasium in Jever deutsch und französisch, ist 46 Jahre alt und wurde, obwohl damals schon neun Jahre beamtete Lehrerin, 1986 wegen ihrer Aktivitäten für die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) entlassen. Sie klagte sich hoch, aber das Bundesverfassungsgericht wies ihre Verfassungsbeschwerde wegen „Aussichtslosigkeit“ am 22. Dezember 1989 zurück.