Ausgabe Juni 1996

Berlin/Brandenburg: Meckerziegen in Wäremstuben

Die Fusion von Berlin und Brandenburg hatte bloß der Anfang einer umfassenden Reform des deutschen Föderalismus sein sollen; die Stadtstaaten Hamburg und Bremen sowie der kleinste der Flächenstaaten, das Saarland, standen in den alten Bundesländern ebenfalls zur Fusionierungsdisposition. Seit Jahrzehnten werden Konzeptionen für einen Nordstaat entworfen, und daß das Saarland auf sich allein gestellt nicht überlebensfaÅNhig ist, war eigentlich seit dessen per Volksabstimmung beschlossenen Beitritt zur Bundesrepublik Mitte der 50er Jahre klar.

Aber alle Pläne zur Neuordnung der Länder waren in einer Mischung aus Strukturkonservatismus, Besitzstandsdenken und parteipolitischem Kalkül versandet. Berlin und Brandenburg sollten jetzt einen Anfang bei der föderalen Neuordnung des Bundesgebiets machen, und man erhoffte von der Fusion im Osten einen Initialeffekt auch für die nördlichen und die südwestlichen Länder der Bundesrepublik. Hier würden einer Fusion zweier Länder keine historisch gewachsenen Bindungen entgegenstehen, meinte man, und wenn solche ins Spiel kämen, würden sie eher für die Fusion sprechen. In der DDR gewachsene Ressentiments ob der notorischen Bevorzugung der Hauptstadt gegenüber dem Umland hat man offenkundig unterschätzt.

Aus der östlichen Initialzündung zur föderalen Neugliederung ist nichts geworden.

Juni 1996

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