Ausgabe Dezember 1998

Kosovo: Not kennt kein Gebot?

Das Recht braucht die Macht

1. Das Gewaltmonopol des Sicherheitsrates ist in der UN-Charta völkerrechtlich nur teilweise und nicht ohne Ambivalenz realisiert (es konkurriert mit dem – von der Charta ebenfalls normierten – Gewaltmonopol des Staates). Faktisch-politisch bestand ein derartiges Gewaltmonopol seit 1945 niemals. Es wäre also leichtfertig, sich darauf bei der Ausgestaltung der internationalen Ordnung zu verlassen.

2. Das faktisch dominante Gewaltmonopol des Staates ist allerdings nach allen Erfahrungen dieses Jahrhunderts ebenfalls nicht in der Lage, eine internationale Ordnung zu gewährleisten, die diesen Namen verdiente. Dies zu leugnen oder wegzudiskutieren, wäre ebenso unsinnig wie der Rückgriff auf das politisch leere Gewaltmonopol des Sicherheitsrates. Im Kosovo sucht die jugoslawische Bundesregierung ihren Anspruch auf das Gewaltmonopol gewaltsam durch die politische und physische Liquidierung einer ethnischen Gruppe, der Albaner, durchzusetzen; gelänge dies, hätte das ebenso Präzedenzcharakter wie eine Verletzung des völkerrechtlichen Gewaltmonopols des UN-Sicherheitsrates.

3. Ziel der internationalen Politik und der Außenpolitik Deutschlands muß es sein, den unbefriedigenden und auf Dauer höchst gefährlichen Zustand internationaler Unordnung, der seine Ursache auch und nicht zuletzt im Gewaltmonopol des Staates hat, zu überwinden.

Dezember 1998

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