Ausgabe Dezember 1998

Kosovo: Not kennt kein Gebot?

Das erste Opfer

Zum ersten Opfer der NATO-Intervention im Kosovo-Konflikt sind die freien Medien in Serbien und somit die Demokratie geworden. Im Schatten des Abkommens mit dem US-Emissär Richard Holbrooke hat Serbiens Alleinherrscher Slobodan Miloševic im Oktober ein groteskes Informationsgesetz beschließen lassen, auf Grund dessen die Tageszeitungen Naša Borba, Danas, Dnevni Telegraf sowie das Nachrichtenmagazin Evropljanin verboten wurden. Ihnen wurde „unpatriotische“ und „defätistische“ Berichterstattung vorgeworfen, „Vergehen“, die vom neuen Gesetz mit Strafe bedroht werden. Welche öffentlich vorgetragenen Gedanken in diese Kategorie fallen, entscheidet ein Verwaltungsgericht. Unter quasi-legalen Vorwänden hat man auch einige Hörfunksender zum Schweigen gebracht. Etwa 400 Journalisten sind deswegen arbeits- und weitgehend mittelos geworden. In die Redaktion der wenigen noch übrig gebliebenen unabhängigen politischen Medien ist die nackte Angst eingekehrt. Die neuen Vorschriften erlauben die Beschlagnahme von persönlichem Eigentum verantwortlicher Redakteure im Falle einer Bestrafung für „presserechtliche“ Vergehen. Vorgesehen sind Strafen, die das monatliche Durchschnittseinkommen im Lande um das Siebenhundertfache übersteigen.

Dezember 1998

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