Ausgabe Juni 1999

Nova geometría

Lateinamerika im Atlantischen Dreieck

Lateinamerikas Außenpolitiker geben sich „vorsichtig optimistisch“. In mannigfachen Variationen läßt sich die Botschaft hören und lesen: Man will sich nach den Schuldentraumata der „verlorenen Dekade“ in nächster Zukunft – gerade auch vor dem Hintergrund der Krisen in Asien und auf dem eigenen Kontinent – wieder eindeutiger positionieren. Außenpolitische Akteure und Analytiker versuchen das abgeschlaffte Profil ihrer Länder im internationalen Bereich zu straffen, um für das kommende Millennium gerüstet zu sein. Für die politischen Eliten fällt dabei nicht wirklich ins Gewicht, daß die Devisenschuld von 280 Mrd. Dollar (1982) auf 698 Mrd. (1998) wuchs, daß die einst vielversprechende Mittelschicht während des neoliberalen Umbaus grob zerrieben wurde und daß Armut und soziale Ungleichheit schärfer denn je ausgeprägt sind. Galt früher, im Rahmen der außenpolitischen Emanzipationsversuche der 70er Jahre, als Ziel, zur „Mittelklasse der Dritten Welt“ aufzusteigen, peilt man jetzt, unter Abstreifen der meisten Dritte-Welt-Referenzen, das Heranrücken an den elitären OECD-Club der reifen Industriestaaten an. Mexiko gehört ihm bereits seit 1994 an. Auch der Ruf nach einer speziellen Beziehung zu Europa in Gestalt der Europäischen Union (EU) wird wieder laut, was die Vorbereitungen für den 1.

Juni 1999

Sie haben etwa 48% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 52% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo