Ausgabe August 2003

Hirn im Bauch

"Sag mir, was du liest, und ich weiß, wer du bist" – das war im Zeitalter der Bücher ein weit verbreiteter Glaube. Wenn heutzutage Manager Machbarkeitsstudien über ein neues Printprodukt in Auftrag geben, gilt die umgekehrte Hoffnung: Je besser die Bedürfnisse eines Sektors der Gesellschaft ausgelotet werden, umso mehr Chancen hat das Produkt, bei den Repräsentanten desselben "anzukommen". Der souveräne Griff ins Bücherregal ist längst der Reaktion auf Anreize gewichen.

Wenn ein großes Verlagshaus (Gruner & Jahr) eine neue Zeitschrift lanciert, erlauben deren Erscheinungsbild und Inhalt Rückschlüsse darauf, was die angesprochene "Zielgruppe" nach Meinung der Fachleute denkt, fühlt, lebt und kauft. "Neon", so der Titel des neuen Magazins, richtet sich mit dem Slogan "Eigentlich sollten wir erwachsen werden" an junge Leute zwischen Unbeschwert- und Abgebrühtheit, an Heranwachsende auf dem Sprung in die bürokratischen, ideologischen und kommerziellen Systeme unserer Gesellschaft.

Aber die, die da zu Wort kommen, uns das kollektive "wir" antragen, haben den Sprung bereits hinter sich, das Bungee-Seil hat gehalten. Der Tanz auf des Messers Schneide ist bereits ein Rückblick, die Sensationen und Emotionen, die er enthält, sind schon nicht mehr Bangen und Hoffen, sondern Gutdrauf und Locker.

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Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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